Über das geringgeschätzte Christentum...

...unterhielten sich am 3.5.2015 Matthias Mattusek und Claudia Becker auf www.welt.de:

"Unser Glaube erfährt Geringschätzung"

Wenn sich heute jemand öffentlich bekennt, Christ zu sein, gilt das als "mutig". Während der radikale Islam Christen ermordet, ist die Stimmung hierzulande eindeutig anti-religiös geprägt.
Der Verleger und Philanthrop Lord Weidenfeld, 95, Autor des Hauses, hielt diese Woche anlässlich der Verleihung der Axel-Springer-Preise für junge Journalisten eine Rede, in der er mehr Geschichtsbewusstsein und Kampfesgeist von der Jugend angesichts der Bedrohung des Christentums durch den Islam forderte.
Atheistische Anmerkung: Es wäre vor allem auch angebracht, die Bedrohung der europäischen Aufklärung durch den Islam wahrzunehmen. Dass der Islam dort wo er real als Staatsmacht existiert, seiner Lehre folgt und deshalb alle Menschen, die nicht muslimisch sind, also einen falschen Glauben haben, verfolgt, sollte als grundlegender Bestandteil des Islam wahrgenommen werden und nicht als seltsamer Sonderfall.

Matthias Matussek: Lord Weidenfeld hat sich mit Recht darüber empört, dass "diese Generation von Christen nichts tut". Worauf der "Bild"-Kollege Daniel Böcking sich als "Christ" outete. Obwohl man das ja nicht tut. Öffentlich über den Glauben reden.
Wir sollen als Christen Gutes tun. Das ist mir zu wenig, und ich nehme an, auch Weidenfelds jüdischer Glaube ist keine Sozialstation, sondern eine tiefe Überzeugung, ein Missionsauftrag. Er muss sich streitbar gegen den islamistischen Wahnsinn wehren, der einen blutigen Kampf gegen Christen und Juden führt.
Claudia Becker: Das ist doch toll, dass sich ein Journalist zu seinem Glauben bekennt - obwohl es schon zynisch ist, das, wie in vielen Reaktionen formuliert, als "mutig" hervorzuheben. Bei uns wird niemand wegen seines Glaubens verfolgt.
Atheistische Anmerkung: Das Christentum ist im aufgeklärten Europa heutzutage ein Pensionistenhobby, "diese Generation von Christen" existiert als real handelnde Gruppe real und praktisch kaum. Die Juden haben keinen Missionsauftrag, ihre Lehre sieht sie als von Gott auserwähltes Volk, das heißt eine alte Stammestradition hat sich bis heute gehalten. Und es bedarf wohl wirklich bereits einen gewissen "Mutes", sich als aktiven Christen zu bekennen, weil die Masse der Bevölkerung sieht das als was Sonderbares, etwa vergleichbar mit Veganertum oder so.

Matussek: Wir haben 50 Millionen eingetragene Christen in Deutschland, und wenn die auf die Straße gehen, dann meist aus Solidarität für die muslimischen Mitbürger, die wegen eines terroristischen "Einzelfalls" wieder einmal zu Unrecht diskriminiert werden.
Ansonsten hat man sich längst angewöhnt, etwa "Märsche für das Leben" zu sabotieren und Kreuze in die Spree zu schmeißen - das sieht eher aus wie Widerstand gegen unsre christlichen Wurzeln.
Becker: Das ist in der Tat erschütternd. Immer mehr setzt sich die Vorstellung durch, Religion wäre Ursache allen Übels oder schlimmer noch: gar nichts.
Aber dass das so ist, hat auch mit der Lahmheit der großen Kirchen zu tun, mit ihrer Unfähigkeit, jenseits von alten Lehrsätzen und Moralvorstellungen zu vermitteln, was das Christentum zu bieten hat. Böcking hat das gut gemacht: Freiheit, das Ende von Angst, Liebe.
Atheistische Anmerkung: "Eingetragen" sind die meisten Mitglieder der christlichen Kirchen aus Tradition, aus sozialen Rücksichten und wohl auch noch aus Resten der Gottesfurcht - vielleicht gibt's den bösen Jesus, der die Lauen und die Ungläubigen ins ewige Feuer schmeißt doch? Dass Religion Ursache entsetzlichen Übels ist, kann jeder in Deschners "Kriminalgeschichte des Christentums" nachlesen, dass es im Islam nicht besser ausschaut, kann man heute jeden Tag in der Zeitung lesen. Da jedoch in Europa dem Christentum durch die Aufklärung die Zähne gezogen wurden, ist die normale Schlussfolgerung, das Christentum sei gar nichts, eben die logische Folge. Und dass die philoislamistischen Einfaltspinsel zwar jetzt schon ein bisschen vorsichtiger geworden sind, aber immer probieren, den Islam schön zu reden, hat psychische Ursachen: weil wenn man sich selbst als guter Mensch verherrlicht, dann muss man auch alles verherrlichen - oder zumindest verniedlichen und schönen - was der eigenen Verherrlichung als Grundlage dient: Migranten sind grundsätzlich immer arme Opfer und darum darf es in diesem Bereich keine Kritik und Differenzierung geben, weil sonst leidet die eigene gutmenschliche Herrlichkeit...

Matussek: Da der Kollege Böcking sich auf eine US-Kollegin bezog - die Verhältnisse dort sind anders. Da glauben neun von zehn an Gott, acht von zehn beten täglich. Von einem Kreuzzug gegen den islamistischen Terrorismus sprechen, wie Georg Bush es tat, war daher nicht ungewöhnlich. Die USA sind das frömmste Volk jenseits von Saudi-Arabien.
Doch auch die Autorin, die sich als "liberal" (links) bezeichnet, fürchtete den Spott der meist linken Kollegen. Sie erlebte jedoch Zustimmung von allen Seiten, von links und rechts, den Religiösen und den Nichtreligiösen.
Becker: Wie soll so ein Kreuzzug aussehen? Gewalt gegen Gewalt? Vielleicht sollten wir andere nicht durch liebloses Runterleiern von Dogmen abschrecken.
Atheistische Anmerkung: Die Darstellung der USA stimmt auch nimmer, der Global Index Of Religion zeigte für die USA 2012 nur noch 60 % "Religiöse" (Saudi Arabien: 75 %), 2005 waren es noch 73 % gewesen (Austria hatte 2005 noch 52, 2012 nur noch 42 %). In den USA fehlte einerseits die Auseinandersetzung mit unterdrückenden Staatsreligionen und andererseits ist durch die mangelhafte soziale Sicherheit die Nachfrage nach dem "Opium des Volkes" größer.

Matussek: Was Sie das "Runterleiern von Dogmen" nennen, ist ein Beispiel für die Geringschätzung, die der Glauben erfährt. Was verstehen Sie darunter? Das Vaterunser? Die Lesungen des Evangeliums? Wie sieht es mit der Auferstehung aus: Selbst die Mehrheit der eingetragenen Christen glaubt nicht mehr daran. Hier geht es um den Kern und nicht um "irgendwelche Dogmen". Sie wissen schon, was ein Dogma ist, oder?
Becker: Ein Dogma ist eine unanfechtbare, als Offenbarung verkündete Glaubenslehre. Schon dieser Anspruch macht mir das Glauben schwer. Glauben hat mit der persönlichen Erfahrung von Gott zu tun, nicht mit Zwang.
Atheistische Anmerkung: Dass Matussek eine skurrile Gestalt ist, ist ja hinreichend bekannt, er glaubt eben die Christenlehre und regt sich darüber auf, wenn Nichtglaubende seinen Glauben geringschätzen. Und wenn die Mehrheit der eingetragenen Mitglieder von christlichen Kirchen nicht an die Auferstehung glaubt, dann ist das bloß ein Beleg dafür, dass der Apostel Paulus völlig im Recht war, als er im 1. Korintherbrief 15,14-17 in Sachen Auferstehung schrieb: "Wäre aber Christus nicht auferstanden, so hätte unsere ganze Predigt keinen Sinn, und euer Glaube hätte keine Grundlage. Mit Recht könnte man uns dann vorwerfen, wir seien Lügner und keine Zeugen Gottes. Denn wir behaupten doch: Gott hat Christus auferweckt. Das kann ja gar nicht stimmen, wenn mit dem Tod alles aus ist! Denn wenn Tote nicht auferweckt werden, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Wenn aber Christus nicht von den Toten auferweckt wurde, ist euer Glaube nichts als Selbstbetrug, und ihr seid auch von eurer Schuld nicht frei."
Genauso ist es. Die Geringschätzung des Christentums ist vollauf gerechtfertigt, die Geringschätzung des Islam nicht: weil der reale Islam ist heute eine reale Gefahr - so wie das Christentum eine reale Gefahr und Bedrohung war, bis der Säkularismus die Oberhand gewann und christliche Bedrohungen dezimitierte!