Papst Franziskus, Ihre Vision von Kirche bewegt uns: eine Kirche in der Spur
und im Geist Jesu nahe bei den Menschen, ihnen in Respekt und Offenheit verbunden,
auf Augenhöhe, als echte Weggefährtin - zugewandt gerade jenen, die
am Rand stehen und besonderer Solidarität bedürfen. Statt Gräben
zu vertiefen, führen Sie zusammen. Statt zu urteilen, suchen Sie zu verstehen.
Statt Türen zu schließen, öffnen Sie Herzen. Hier wird die Urform
von Kirche, wie Jesus sie uns vorgelebt hat, endlich wieder spürbar.
Unzählige
Menschen überall auf der Welt jubeln Ihnen zu, denn sie teilen diese Vision
- so sehr im Geiste des Zweiten Vatikanischen Konzils. Mehr noch: Sie leben
sie, so gut es geht. Ihre Heimat sind die Gemeinden vor Ort, an der Kirchenbasis.
Hier, im Alltag der Menschen findet Kirche statt, wird sie lebendig oder auch
nicht. Hier, und nur hier, erfährt Kirche tagtäglich ihren Daseinsgrund.
Papst
Franziskus, Sie brauchen die Gemeinden, damit Ihre Vision von Kirche lebt. Ohne
aktive Gemeinden fehlt Ihrer Vision das Fundament und die notwendige Kraft,
Widerstände zu überwinden. Unsere Gemeinden sind die Zukunft der Kirche
Jesu. Doch genau diese Gemeinden sind in ihrer Zukunft massiv bedroht.
Unsere
Bischöfe begegnen dem Priestermangel überall auf der Welt immer öfter
mit der Zusammenlegung aktiver und lebendiger Pfarrgemeinden zu anonymen und
unüberschaubaren Großstrukturen. Fusionieren scheint das Rezept der
Stunde. Doch in den neuen Pfarr-Großverbänden geht der persönliche
Kontakt zu den Menschen verloren. Die Sakramente und der Priester entfernen
sich immer weiter vom Alltag der KirchenbürgerInnen. Und wo die Quelle
von Gemeinschaft, die Eucharistiefeier, immer seltener gefeiert wird, bleibt
die communio bald auf der Strecke. Derweil sind Priester, statt mit Seelsorge,
mit Koordination und Verwaltung beschäftigt, sollen überall sein und
sind dabei selbst nirgends mehr zu Hause. In solchen Gemeinden weht nicht der
lebendige Atem Jesu, sondern herrscht Verunsicherung und eine begründete
Angst vor Heimatverlust. Hier ist die Kirche nicht mehr nah bei den Menschen,
sondern entfernt sich wissentlich von ihrer Basis.
Wir, besorgte Priester
und Diakone, Seelsorgerinnen und engagierte Kirchenbürgerinnen und Kirchenbürger
in den Gemeinden dieser Welt, sind nicht länger bereit, diesen Weg mitzugehen.
Gemeinsam suchen wir nach neuen Wegen für eine Zukunft unserer Kirche mit
lebendigen Gemeinden; mit Gemeinden, die jeden einladen - ohne Ausnahme. Und
solche Wege gibt es! Längst wird in vielen Gemeinden vorgelebt, wie es
anders gehen kann.
Es sind Frauen und Männer, Ehepaare, Geschiedene
und Wiederverheiratete, Homosexuelle und Heterosexuelle, Junge und Alte, die
im Mittelpunkt Stehenden und die an den Rand Gedrängten - es sind engagierte
Menschen, die dem Zusammenlegen ihrer Gemeinden zu immer größeren
Einheiten Einhalt gebieten wollen. Sie helfen durch persönlichen Einsatz,
kraft ihrer Tauf-Berufung, die Priester in ihren wachsenden Aufgaben zu entlasten,
um den Dienst der Gemeinde an den Menschen lebendig zu erhalten. Dort, wo es
keinen Priester vor Ort mehr gibt, entwickeln sie kreative Lösungen, um
den Zusammenhalt und die alltägliche Leitung ihrer Gemeinde zu sichern.
Dabei sind vielfach Strukturen und Modelle entstanden, die tragen und von denen
wir für die Zukunft lernen können. Noch gibt es viel Bereitschaft
an der Basis, für eine erneuerte Kirche im Geiste Jesu zu kämpfen.
Papst
Franziskus, wir - Priester und Diakone, SeelsorgerInnen, Kirchenbürgerinnen
und Kirchenbürger - brauchen Sie! Wir appellieren an Sie, den Weg freizumachen
für neue Wege und Formen des Gemeindelebens und deren Leitung: Öffnen
wir das priesterliche Leitungsamt für alle, die dazu begabt sind! Entwickeln
wir neue Leitungsmodelle, die Menschen aus den Gemeinden entsprechend ihrer
Charismen beteiligen! Etablieren wir eine neue Kultur der Mitverantwortung und
Mitentscheidung in allen Strukturen unserer Kirche! Erinnern wir uns daran,
wie Jesus Gemeinde verstanden und gelebt hat! Der Geist Gottes drängt uns.
Packen wir es mutig miteinander an!
Papst Franziskus, Sie brauchen lebendige
Gemeinden, um Ihre Vision von Kirche mit Leben zu füllen. Und die Gemeinden
brauchen Sie. Wir - die Priester, Diakone, Seelsorgerinnen und Seelsorger und
viele engagierte Kirchenbürgerinnen und Kirchenbürger in den Gemeinden
weltweit - stehen bereit, unsere Erfahrungen und Ideen einzubringen und Sie
und die Bischöfe bei der Verwirklichung Ihrer Vision an der Basis tatkräftig
zu unterstützen.
Gezeichnet: Pfarrer-Initiative Österreich Pfr.
Helmut Schüller, Sprecher - Wir sind Kirche Österreich Dr. Martha
Heizer, Vorsitzende und weitere 22 Organisationen aus Australien, Deutschland,
England, Indien, Irland, Italien, der Slowakei, der Schweiz und den USA.
Er befasst sich in keiner Weise mit den in diesen Zeiten diskutierten
Reformen, also etwa der Abschaffung des Zölibats oder der Zulassung wiederverheirateter
Geschiedener zur Kommunion usw. Er wendet sich nur gegen katholische Strukturbereinigungen.
Wenn also beispielsweise in Wien die Pfarren reduziert
werden sollen, weil sonntags im Schnitt pro Pfarre nur noch gut hundert Leute
die Sonntagsmesse besuchen, zudem noch weit überwiegend Pensionisten. In
Relation zum Mitgliederbestand kann dort von aktiven und lebendigen Pfarren nirgends
mehr real die Rede sein. Den christlichen Kirchen in Europa bleibt allein
schon aus Kostengründen nichts anders übrig als eine Schrumpfung der
Strukturen, weil die Zahl der praktizierenden, also der wirklich Gläubigen
noch schneller schrumpft als die Zahl der Priester.
Es überrascht
doch einigermaßen, dass diese Reformgruppen nicht auf ihrer bisherigen
Schiene bleiben, eine Angleichung der Kirche an die heutige Realität zu
verlangen, sondern sich mit religiösen Träumereien befassen, also
der Gottesillusion noch eine Illusion über Scharen von jesusnahen Gläubigen
anfügen. Viele der regelmäßigen Messbesucher gehen aus Tradition
und Gewohnheit sonntags in die Kirche und nicht weil sie tatsächlich so
an und mit der Kirchenbasis leben, wie Jesus mit seinen Jüngern gelebt
haben soll. Kein "Geist Gottes" drängt die Menschen.
Darum
ist der obige "Offene Brief" auch für unsereinen leider nur von
geringem Unterhaltungswert, eine zu einer Autowerkstatt umgebaute Ex-Kirche
hat für ihre Betreiber und Besucher bestimmt einen höheren Nutzen
als eine bestehende Kirche, die bloß alten Bräuchen und Illusionen
dient...