Wer gern, häufig und laut von Menschenrechten
redet, der nutzt sie nicht selten als preiswertes Argument für seine
Interessen. US-Präsident Barack Obama fordert "... einen geregelten
Übergang weg von Assad zu einem neuen Anführer." Weil der "Zehntausende
seines eigenen Volkes abschlachtet". Da ist Obama ganz anders: Der lässt
andere Völker abschlachten. Mal in Afghanistan, mal in Libyen, gern
auch in Syrien. Und paktiert dort mit einer Opposition, die zwar in
Syrien kaum noch eine Basis hat, aber dafür interessante Verbündete.
Die "Nationale Koalition für die syrischen
revolutionären und oppositionellen Kräfte" nennt sich das
Oppositions-Bündnis, eine Art Exilregierung, die ihren Sitz im
Nachbarland Türkei, in Istanbul, hat. Über die aktuelle türkische
Regierung – die gern mal syrisches Gebiet bombardieren lässt, wenn sie
nicht im Irak oder im eigenen Land kurdische Dörfer zerstört – ist das
Urteil gesprochen: Wer mit ihr paktiert, der besudelt sich. Die
"Nationale Koalition" wurde im November 2012 in der katarischen
Hauptstadt Doha gegründet. Dorther stammen auch jene 50 Millionen
Dollar, die der Koalition als Grundlage für ihre Arbeit gespendet wurde.
Die Europäische Union und die sogenannte
"Gruppe der Freunde des syrischen Volkes" aus über 100 Staaten erkannten
im Dezember 2012 die Koalition als "legitimen Vertreter des syrischen
Volkes" an. Das teilte damals das deutsche Außenministerium mit.
Außenminister Guido Westerwelle erklärte: Die Koalition sei "eine echte
Alternative" zum Assad-Regime. Nach den international üblichen
Kriterien nennt man das Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines
andern Landes. Die "Freunde eines Demokratischen Syriens" wurden vom
damaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy initiiert. Dass war
der, dem eine Wahl mit schlechten Aussichten bevorstand und der auch
deshalb einen NATO-Krieg in Libyen lostrat.
Dass die islamistische Muslimbruderschaft die
syrische "Koalition" unterstützt versteht sich. Denn ihre
Hauptfinanziers – im Golf-Kooperationsrat (Gulf Cooperation Council,
GCC) vereint – finanzieren ebenfalls die "Koalition". Die
Golf-Kooperation ist eine handverlesene Gruppe von Staaten, die kaum
weiß wie man Menschenrechte schreibt: In ihr sind sechs Staaten der
arabischen Halbinsel vereint. Kuwait, Bahrain, Saudi-Arabien, Katar,
Vereinigte Arabische Emirate und Oman. Ausser einer extremistischen
Auslegung des Islam ist ihnen eine alte Freundschaft mit den USA zu
eigen.
Einen "neuen Führer" wünscht sich Obama in
Syrien. So wie Kinder sich ein neues Spielzeug wünschen. Wo soll er
herkommen, der neue Führer? Fast alle oppositionellen militärischen
Formationen in Syrien sind islamistisch ausgerichtet. Fast alle - außer
dem Islamischen Staat und der al-Nusra-Front - sind militärisch
bedeutungslos. Zum Islamischen Staat sind alle Mörder-Videos längst
gesendet. Die Nusra-Front will die alawitische und die christliche
Minderheit aus Syrien vertreiben. Was auf´s Umbringen rausläuft. Auch
dafür erhält sie allein aus Katar bis zu einer Milliarde Euro. Neben
diesen beiden Gruppen gibt es nur noch eine einzige militärische
Organisation von Bedeutung: Die syrische Armee. Ihr Oberbefehlshaber
heißt Baschar al-Assad. Wer jetzt nicht schnell mit ihm und seinen
Kräften verhandeln will, der verlängert den Krieg. Der pokert mit
Menschenleben.