Keine Religion in der DDR

Erst am 7.10 wurde dieser "WELT"-Artikel vom 1.1.2015 entdeckt:

Für Thierse war die DDR das "religionsloseste Land"

Das Christentum sei nirgendwo erfolgreicher bekämpft worden als in der DDR, erinnert sich Wolfgang Thierse. Er appelliert an ostdeutsche Christen, "sich nicht in die Defensive drängen zu lassen".
Die DDR-Einheitspartei SED hat nach Auffassung des ehemaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse den Osten Deutschlands zum "religionslosesten Land der ganzen Welt" gemacht. "Das SED-Regime war auf keinem Felde so 'erfolgreich' wie in der radikalen Entkirchlichung der Menschen", sagte der SPD-Politiker der in Augsburg erscheinenden "Katholischen Sonntagszeitung".
Mit diesem "Kulturbruch" müsse man leben, meinte der ostdeutsche Politiker anlässlich des bevorstehenden 25. Jahrestags der deutschen Einheit. Die friedliche Revolution von 1989, bei der Christen eine führende Rolle gespielt hätten, habe zeitweise die Hoffnung genährt, dass dieser "Kulturbruch rückabgewickelt" werden könne, sagte Thierse. "Jetzt muss man sehr nüchtern feststellen, dass sich diese Hoffnung nicht bewahrheitet hat."
Die Christen in Ostdeutschland sollten sich deshalb aber nicht zu sehr in die Defensive drängen lassen, sondern ihre Ansichten selbstbewusst vertreten. Durch den Zustrom von Flüchtlingen verändere sich gerade die Tagesordnung in Deutschland und Europa. Damit sei auch eine kulturelle Herausforderung verbunden, "der sich vor allem Christen und Kirchen positiv stellen müssen".

Wolfgang Thierse ist den Besuchern dieser Site hier nicht unbekannt, siehe die PDF "Ohne Glauben ist kein Staat zu machen". Er ist ein verbohrter SPD-Katholik mit DDR-Hintergrund und ärgert sich wieder einmal über den einzigen echten dauerhaft anhaltenden Erfolg des DDR-Systems. Da die DDR weit überwiegend zum protestantischen Traditionsbereich gehörte, war die dauerhafte Säkularisierung auch deutlich einfacher als sie in katholischen Gegenden ist, weil die Protestanten selber der Einführung der Religionsfreiheit bedurften und darum Religionsfreiheit - im Gegensatz zu den gegenreformatorischen Tendenzen in der r.k. Kirche - geschätzt wurde. Das förderte aber auch eine leichtere Hand bei der Religionsausübung, speziell bei der religiösen Erziehung: Die fanatischen Großmütter mit religiös umnebelten Hirnen gab es bei den Protestanten kaum, in der katholischen Kirche gingen sie erst in den letzten Jahrzehnten verloren und in Österreich ist es inzwischen Realität: wirklich praktizierende Katholiken haben inzwischen ein recht hohes Durchschnittsalter.

Was heißen soll: die Säkularisierung der DDR bedurfte keiner besonders großen Anstrengung, die Leute wussten bald, die Macht geht von der SED aus und nicht von der Kirche oder gar von einem Gott. Thierse braucht also der SED nicht allzu sehr zu ihrem Erfolg gratulieren, das Land zum religionslosesten der Welt gemacht zu haben. Was überdies nicht unbedingt stimmt, denn die meisten Atheisten gibt's in China und Japan.

Der "Kulturbruch" hatte keine Bruchstelle, schmelzender Schnee hat ja auch keine und was anderes als schmelzen tat die Religion in der DDR nicht. Zusammengebrochen ist der Staat ökonomisch und nicht durch christlichen Widerstand. Aber immerhin sieht Thierse die Wirklichkeit: ein Zurück zur Religion gibt es nicht. Aber nicht nur in der Ex-DDR, sondern überall, wo das Opium des Volkes keine Käufer mehr findet, weil es sinnvolle Angebote gibt, schließlich hilft ein gut ausgestatteter Sozialstaat besser als Gebete und kirchliche Almosen. Gebete nutzen schließlich gar nichts, das ist maximal eine psychische Selbstbehandlung, kirchliche Almosen waren immer kein barmherziges, sondern ein erbärmliches Angebot.

Ja, jetzt wandern noch mehr Muslime zu, weil die aus der DDR stammende Oberchristin Merkel danach gerufen hatte. Zur Bewältigung dieser Migrantenflut wird es aber wenig helfen, wenn sich dieser "kulturellen Herausforderung", vor allem "Christen und Kirchen positiv stellen".

Was soll das bringen? Die religionsfreie Ex-DDR ist kein ethikloses Land, wo lauter Gauner wohnen, solche halten sich viel eher unter den Fittichen christlich regierter Gebiete auf, der Islam hat eine Islamethik, die für Nichtmuslime gefährlich sein kann und es wenn’s drauf ankommt, gefährlich ist. Helfen tut dagegen ein Säkularismus, der sich nicht religiös prostituiert und die Zuwanderung vormodernistischer Religionen nicht als kulturelle Bereicherung begrüßt. Theoretisch also alles ganz einfach...