Das Christentum sei nirgendwo erfolgreicher bekämpft worden als in der
DDR, erinnert sich Wolfgang Thierse. Er appelliert an ostdeutsche Christen,
"sich nicht in die Defensive drängen zu lassen".
Die DDR-Einheitspartei
SED hat nach Auffassung des ehemaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse
den Osten Deutschlands zum "religionslosesten Land der ganzen Welt"
gemacht. "Das SED-Regime war auf keinem Felde so 'erfolgreich' wie in der
radikalen Entkirchlichung der Menschen", sagte der SPD-Politiker der in
Augsburg erscheinenden "Katholischen Sonntagszeitung".
Mit diesem
"Kulturbruch" müsse man leben, meinte der ostdeutsche Politiker
anlässlich des bevorstehenden 25. Jahrestags der deutschen Einheit. Die
friedliche Revolution von 1989, bei der Christen eine führende Rolle gespielt
hätten, habe zeitweise die Hoffnung genährt, dass dieser "Kulturbruch
rückabgewickelt" werden könne, sagte Thierse. "Jetzt muss
man sehr nüchtern feststellen, dass sich diese Hoffnung nicht bewahrheitet
hat."
Die Christen in Ostdeutschland sollten sich deshalb aber nicht
zu sehr in die Defensive drängen lassen, sondern ihre Ansichten selbstbewusst
vertreten. Durch den Zustrom von Flüchtlingen verändere sich gerade
die Tagesordnung in Deutschland und Europa. Damit sei auch eine kulturelle Herausforderung
verbunden, "der sich vor allem Christen und Kirchen positiv stellen müssen".
Wolfgang Thierse ist den Besuchern dieser Site hier nicht unbekannt, siehe
die PDF "Ohne
Glauben ist kein Staat zu machen". Er ist ein verbohrter SPD-Katholik
mit DDR-Hintergrund und ärgert sich wieder einmal über den einzigen
echten dauerhaft anhaltenden Erfolg des DDR-Systems. Da die DDR weit überwiegend
zum protestantischen Traditionsbereich gehörte, war die dauerhafte Säkularisierung
auch deutlich einfacher als sie in katholischen Gegenden ist, weil die Protestanten
selber der Einführung der Religionsfreiheit bedurften und darum Religionsfreiheit
- im Gegensatz zu den gegenreformatorischen Tendenzen in der r.k. Kirche - geschätzt
wurde. Das förderte aber auch eine leichtere Hand bei der Religionsausübung,
speziell bei der religiösen Erziehung: Die fanatischen Großmütter
mit religiös umnebelten Hirnen gab es bei den Protestanten kaum, in der
katholischen Kirche gingen sie erst in den letzten Jahrzehnten verloren und
in Österreich ist es inzwischen Realität: wirklich praktizierende
Katholiken haben inzwischen ein recht hohes Durchschnittsalter.
Was
heißen soll: die Säkularisierung der DDR bedurfte keiner besonders
großen Anstrengung, die Leute wussten bald, die Macht geht von der SED
aus und nicht von der Kirche oder gar von einem Gott. Thierse braucht also
der SED nicht allzu sehr zu ihrem Erfolg gratulieren, das Land zum religionslosesten
der Welt gemacht zu haben. Was überdies nicht unbedingt stimmt, denn die
meisten Atheisten gibt's in China und Japan.
Der "Kulturbruch"
hatte keine Bruchstelle, schmelzender Schnee hat ja auch keine und was anderes
als schmelzen tat die Religion in der DDR nicht. Zusammengebrochen ist der
Staat ökonomisch und nicht durch christlichen Widerstand. Aber immerhin
sieht Thierse die Wirklichkeit: ein Zurück zur Religion gibt es nicht.
Aber nicht nur in der Ex-DDR, sondern überall, wo das Opium des Volkes
keine Käufer mehr findet, weil es sinnvolle Angebote gibt, schließlich
hilft ein gut ausgestatteter Sozialstaat besser als Gebete und kirchliche Almosen.
Gebete nutzen schließlich gar nichts, das ist maximal eine psychische
Selbstbehandlung, kirchliche Almosen waren immer kein barmherziges, sondern
ein erbärmliches Angebot.
Ja, jetzt wandern noch mehr Muslime
zu, weil die aus der DDR stammende Oberchristin Merkel danach gerufen hatte.
Zur Bewältigung dieser Migrantenflut wird es aber wenig helfen, wenn sich
dieser "kulturellen Herausforderung", vor allem "Christen und
Kirchen positiv stellen".
Was soll das bringen? Die religionsfreie
Ex-DDR ist kein ethikloses Land, wo lauter Gauner wohnen, solche halten sich
viel eher unter den Fittichen christlich regierter Gebiete auf, der Islam hat
eine Islamethik, die für Nichtmuslime gefährlich sein kann und es
wenn’s drauf ankommt, gefährlich ist. Helfen tut dagegen ein Säkularismus,
der sich nicht religiös prostituiert und die Zuwanderung vormodernistischer
Religionen nicht als kulturelle Bereicherung begrüßt. Theoretisch
also alles ganz einfach...