Kritisches über Mutter Teresa

1. Meinhard Creydt am 21.12.2015 auf hpd.de

Mutter Teresas "Nächstenliebe"

Angesichts der angekündigten Heiligsprechung von "Mutter Teresa" lässt sich fragen, was die katholische Kirche unter Nächstenliebe versteht. Die englische Zeitung Guardian bezeichnete die Sterbehospize des Ordens von Mutter Teresa als als eine "organisierte Form unterlassener Hilfeleistung".
(Bild: Screenshot aus YouTube-Clip)

Einem Bericht über den Orden von "Mutter Teresa" zufolge stand für den Orden "nicht die humanitäre und medizinische Hilfe im Vordergrund, sondern die Missionierung zum katholischen Glauben." Zu der häufig geäußerten Kritik an der mangelhaften medizinischen Ausbildung ihrer Mitarbeiter entgegnete die künftige Heilige beispielsweise: "Nicht der Erfolg, sondern die Treue im Glauben ist wichtig."

Diese Aussage ist neben vielem anderen Beleg dafür, dass ihr eigentliches Interesse dem "Leben nach dem Tode" galt – deshalb auch wollte sie ihre Nonnen nicht als Sozialarbeiterinnen verstanden sehen. Teresa sah die Armut und das Leid als gottgegeben an und aus dieser Haltung heraus ging es ihr nicht darum, das irdische Leid ihrer Patienten zu lindern. Das folgende Zitat gibt in seiner ideologisch eingeschränkten Sichtweise beredtes Zeugnis: "Es ist etwas sehr Schönes, wenn man sieht, wie die Armen ihr Kreuz tragen. Wie die Passion Christi, ist ihr Leid ein großes Geschenk für die Welt."

Nach ihrem Tod wurden in den Lagern ihrer Hospitäler große Mengen schmerzlindernder Mittel gefunden, die aus Spenden stammten, die sie aber ihren Patienten vorenthalten hatte. Trotz großer Spendeneinnahmen war die medizinische Versorgung in den Sterbehospizen recht dürftig. Die Ernährung war katastrophal und zuweilen wurde das medizinische Besteck nicht ausreichend desinfiziert. Leicht heilbare Patienten wurden nicht immer in ein Krankenhaus eingewiesen, sondern sie wurden stattdessen zu Tode gepflegt.

Aus all diesen Gründen ist die von einigen gewählte Bezeichnung "Todesengel von Kalkutta" durchaus angebracht. Für die Beseitigung der Ursachen der Armut in der dritten Welt hat sie sich nie eingesetzt. (Vgl. diesen Artikel von 2010 bei seemoz)

Die Praxis von "Mutter Teresa" erinnert an die Kritik, die bereits Ludwig Feuerbach an der christlichen Vorstellung von Nächstenliebe übte: "Wohl ist dem Religiösen auch Gemeinschaft, gemeinschaftliche Erbauung Bedürfnis, aber das Bedürfnis des andern ist an sich selbst noch immer etwas höchst Untergeordnetes. Das Seelenheil ist die Grundidee, die Hauptsache des Christentums, aber dieses Heil liegt nur in Gott, nur in der Konzentration auf ihn. Die Tätigkeit für andere ist eine geforderte, ist Bedingung des Heils, aber der Grund des Heils ist Gott, die unmittelbare Beziehung auf Gott. Und selbst die Tätigkeit für andere hat nur eine religiöse Bedeutung, hat nur die Beziehung auf Gott zum Grund und Zweck – ist im Wesen nur eine Tätigkeit für Gott – Verherrlichung seines Namens, Ausbreitung seines Ruhmes." (Feuerbach, Wesen des Christentums).

"Mutter Teresa" sowie der Bohei (= österr. Bahöl, hochdeutsch: Wirbel) um sie beweist noch heut die Richtigkeit der Feuerbachschen Kritik.


2. Paul Hilger ebenfalls am 21.12.2015 auf hpd.de

Der "Todesengel von Kalkutta" soll heilig gesprochen werden
Die (un)heilige Mutter Teresa

Papst Franziskus hat für das kommende Jahr 2016 die nächste Heiligsprechung angekündigt. Diesmal soll die bereits im Jahr 2003 selig gesprochene Friedensnobelpreisträgerin Mutter Teresa (1910–1997) nun heilig gesprochen werden. Nach der umstrittenen Heiligsprechung des früheren Papstes Johannes Paul II. scheint dieses Prozedere weitaus weniger Diskussion auszulösen. Doch hinter ihrem Mythos verbergen sich nur allzu viele Ungereimtheiten.

Sie gilt als die selbstlose aufopfernde Ordensfrau, die ihr Leben ganz der Armen- und Krankenpflege widmete. Ihre Tätigkeit in den Slums von Kalkutta erregte weltweite mediale Aufmerksamkeit und sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter die Freiheitsmedaille der Vereinigten Staaten 1985 sowie 1979 den Friedensnobelpreis. Ihr Tod im Jahr 1997 löste eine große Trauerwelle aus, woraufhin sofort die Mythenbildung um ihre Person begann, die eine kritische Auseinandersetzung erheblich erschwerte. Denn was sie sich hat zu Schulden kommen lassen, entspricht alles andere als dem Bild einer "Heiligen".

Beginnen wir mit ihrem fragwürdigen Umgang mit Finanzen, dem unter anderem grobe Intransparenz vorgeworfen wird. Zu dieser Feststellung ist eine Gruppe von Wissenschaftlern der Universitäten von Montreal und Ottawa unter der Leitung von Serge Larivee gelangt, die feststellten, dass die Spendeneinnahmen nicht nachvollziehbar verwaltet wurden. Die Informationspolitik blieb sparsam, die Spendenkonten im Verborgenen.

Hinzu kommt ihre fragwürdige Art, sich um Arme und Kranke zu kümmern. Die Zustände in den Sterbehäusern seien katastrophal gewesen und auf ihre Anordnung hin verzichtete man auf hygienische Mindeststandards, die einigen Menschen das Leben womöglich hätten retten können. Stattdessen wurde die Armut als christlicher Leitwert deklariert, anstatt sich auf politischer Ebene für die Initiierung staatlicher Sozialprogramme einzusetzen, die wohl eher der massiven Armut Einhalt geboten hätten.

Auch sahen die Missionare davon ab, sich der Palliativmedizin zu bedienen, um zumindest die Schmerzen der sterbenden Patienten zu lindern. Mutter Teresa sah im Schmerzempfinden eine besondere Art, Gott nahe zu sein. Sie selbst machte kurz vor ihrem Tod dennoch von Palliativmedizin Gebrauch.

Die Autoren Robin Fox und Dave Hunt berichten außerdem in ihren Veröffentlichungen zum Lebenswerk Mutter Teresas darüber, dass Kranke lediglich auf Feldbetten untergebracht wurden trotz solider Finanzlage, die zur Anschaffung hochwertiger Matratzen mehr als gereicht hätte.

Angesichts dieser Vorwürfe sollte eher die Frage gestellt werden, ob Mutter Teresas Praktiken nicht eher zum Tod vieler Menschen beigetragen haben, sei es auch unbeabsichtigt.

Eine Frage, die sich die katholische Kirche natürlich niemals stellen wird. Vielmehr wird das kommende Jahr dazu genutzt, die PR-Arbeit um ihre Person ordentlich anzukurbeln und ihr Wirken als Wunder zu verklären, sogar als diese bereits nicht mehr lebte.

Angeblich wurde ein Mädchen mit Zyste im Unterleib durch das bloße Beten zur "Seligen der Armen" geheilt. Wissenschaftler entgegneten jedoch, dass dies auf den vorherigen Einsatz von Medikamenten zurückzuführen sei. Ebenso kritisch betrachtet wird die plötzliche Genesung eines Brasilianers, der an mehreren Hirntumoren litt und ebenfalls allein durch das Beten zur Mutter Teresa geheilt worden wäre, so jedenfalls laut Aussage des Vatikans.

Ganz abgesehen von dieser Diskussion sind natürlich auch die Positionen der Ordensschwester zu kritisieren. Sie bekämpfte aktiv die Empfängnisverhütung und war entschiedene Abtreibungsgegnerin. Kaum verwunderlich, dass Papst Johannes Paul II. sie 2003 im Eilverfahren selig sprach.