Kein Schweinefleisch nicht!

Publiziert am 4. 3. 2016 von Wilfried Müller auf wissenbloggt.de unter dem Titel "Vom Frikadellenkrieg zur Schweinefleisch-Posse"

Es gibt eine neue Stellungnahme von dem freundlichen Freigeist, der wissenbloggt schon die Kneifzangengymnastik spendierte. Diesmal ist es nicht die Quelle, die einer Kneifzange bedarf, sondern der Inhalt. Es geht um Schweinefleisch (Bild: Hans, pixabay).

Eingeläutet wird die "Schweinefleisch-Posse“ von einem SPIEGEL-ONLINE-Artikel, Schleswig-Holstein: CDU für Recht auf Schweinefleisch in öffentlichen Kantinen (1.3.). Der Inhalt: Schluss mit "falschverstandener Rücksichtnahme" beim Speiseplan. Immer mehr Kantinen, Kitas und Schulen nehmen Schweinefleisch aus ihrem Angebot, um auf religiöse Gebräuche Rücksicht zu nehmen.

Dagegen wendet sich die CDU in Schleswig-Holstein, denn zur gesunden Ernährung "gehört in unserer Kultur auch der Verzehr von Schweinefleisch." Darüber gibt es auch andere Ansichten, doch nicht deshalb erntete die CDU Spott und Häme ("1. April"). Beim Spiegel hieß das Schleswig-Holstein: CDU erntet Spott für Schweinefleisch-Offensive (1.3.): Wer keine anderen kulturellen Werte als Schweinefleisch habe, "ist eine arme Sau". Es dürfe keine Schweinefleischpflicht geben.

Wer aber die Artikel liest, der findet Schnitzel & Co. nicht als Zwang im Menü, sondern nur als erlaubte Option. Damit wäre die Schweinefleisch-Posse sprichwörtlich "auf dem Teller gelandet“, wie unser geneigter Kommentator anmerkt.

In seinen Worten:Die CDU ist, wie auch die CSU, in vielen Belangen eine populistische Partei, die mit solcherlei Themen versucht, Wähler auf ihre Seite zu ziehen. Vorbild für den Vorstoß der schleswig-holsteinischen CDU war hierbei die dänische Stadt Randers, die öffentliche Einrichtungen dazu verpflichtete, Schweinefleisch auf den Speiseplan zu setzen.

Um schnell nochmal den Spiegel zu zitieren, da hieß es am 30.1. "Frikadellenkrieg": Dänische Stadt verordnet Schweinefleisch-Verzehr: Die dänische Stadt Randers will ein Zeichen gegen Muslime setzen - und hat öffentliche Einrichtungen dazu verdonnert, Schweinefleisch auf den Speiseplan zu setzen. Schon ist von einem "Frikadellenkrieg" die Rede.

Dort war gleich die Rede davon, es werde versucht, Kindern eine bestimmte Ideologie aufzudrängen. Dabei ist der Vorstoß nur die Antwort auf die Debatte, ob aus Rücksicht auf Muslime das Schweinefleisch von den Speiseplänen der öffentlichen Einrichtungen verschwinden solle.

Unser Kommentator fasst das in die Worte, es ginge doch nur um die Verpflichtung, Schweinefleisch auf dem Speiseplan zu lassen, und: Im Artikel über die Praxis der dänischen Stadt wird es so dargestellt, als sei besonders die rechtspopulistische Dänische Volkspartei (DF) für diesen Vorstoß verantwortlich. Weiterhin wird es so dargestellt, als habe man diese Praxis extra eingeführt, um Muslime zu diskriminieren.

Selten habe ich so viel Unsinn in Artikeln gelesen, die doch eigentlich neutral geschrieben sein sollten und keiner bestimmten Meinung Vorschub leisten sollten. Und weil die schleswig-holsteinische CDU sich dafür einsetzt, dass Schweinefleisch auf dem Speiseplan – aus dem sich wohlgemerkt jeder auswählen kann, was er oder sie möchte! - beibehalten wird und nicht generell verbannt wird, um falschverstandener Rücksichtnahme gegenüber Muslimen, Juden, Vegetariern und Veganern zuvorzukommen. Stattdessen machen sich nun Oppositionsparteien darüber lustig und schwafeln davon, als wolle die schleswig-holsteinische CDU jeden dazu verdonnern, Schweinefleisch zu essen - was natürlich völliger Quatsch ist. Man möchte sich nur nicht von einer Minderheit seine Essgewohnheiten diktieren lassen.

Und kommt einem das "Argument" nicht bekannt vor, das nun politische Gegner völlig plump und dumm verwenden, dass die schleswig-holsteinische CDU angeblich für eine Schweinefleisch"pflicht" einträte? Es ist 1:1 dasselbe wie die an den Haaren herbeigezogene Befürchtung der Tea-Party-Anhänger, dass mit der Einführung der Homo-Ehe nicht eine weitere Option entsteht; sondern dass die Hetero-Ehe diskriminiert und verdrängt wird und jeder irgendwann dazu "verpflichtet" würde, eine Homo-Ehe einzugehen. Das ist natürlich völliger Unsinn, aber das ist die Art von "Logik", mit der wir es hier zu tun haben.

Sicherlich tut man sich keinen Gefallen damit, wenn man Schweinefleisch als Teil "eine[r] gesunde[n] und ausgewogene[n] Ernährung" hervorhebt, denn Schweinefleisch ist dafür keineswegs nötig. Die Sache, der allerdings Vorschub geleistet werden soll, ist die Folgende: Da es in manchen lautstarken Kreisen "hip" zu sein scheint, (Schweine-)Fleischesser auf jede nur erdenkliche Weise anzugreifen, unterstützt man auch die Belange anderer Gruppen, wie zum Beispiel der Muslime, Schweinefleisch aus Kantinen zu verbannen, um wenigstens einen "Teilsieg" in Sachen Bevormundung erreichen zu können.

Ich wäre ja mal darauf gespannt, wenn es nicht um (Schweine)Fleisch, sondern um alkoholische Getränke gehen würde. Kein Bier und kein Radler mehr in der Kantine des Finanzministeriums, denn es könnte ja die „religiösen Gefühle“ der Muslime, Mormonen, … verletzen. Ob das dann von so manchen Kreisen immer noch bejubelt werden würde, wage ich zu bezweifeln. Insofern ist die Posse, die aus dem Schweinefleischkonsum hier gemacht wird, nicht bei der schleswig-holsteinischen CDU zu suchen, sondern bei den fadenscheinigen „Argumenten“ und Einwänden ihrer Gegner.

Die Idee der Verpflichtung zu einem sogenannten "Veggie-Day" war es auch, der den Grünen bei der letzten Bundestagswahl den Ruf einer Bevormundungs-Partei einbrachte, mögen die Absichten hinter der Einführung eines solchen Tages auch noch so gut gewesen sein. Besonders in einer Demokratie sollte man sich gegen jede Art von Bevormundung wehren, von welcher Seite sie nun auch immer kommen mag. Deshalb werden wohl auch die Liberalen in Dänemark den Vorstoß der Dänischen Volkspartei in Randers unterstützt haben. Dies sollte nicht ausgeklammert und vergessen werden!


Soweit der freundliche Freigeist. Wenn man die Bevormundung zuendedenkt, gehört auch das Rindfleisch auf den Index, denn das ist bei den Hindus tabu. Oder gleich alles geschlachtete Fleisch, wie beim Buddhismus. Oder Hunde wie fast überall außer in China. Oder die Pferde wie beim Judentum und in einigen US-Staaten; oder Schweine, Pferde und Esel beim Islam.

Das ergibt allerhand Möglichkeiten, um Frikadellenkrieg und Schweinefleisch-Posse auszuweiten. Rinderwahnsinn (hatten wir schon in anderem Sinn), Pferdesalami-Bann und jede andere Eselei.