Da werben die rheinland-pfälzischen Linken mit dem Papst auf ihrem
Wahlplakat, da hofiert Gregor Gysi die Kirchen auf einer Tagung der christlichen
Publizisten und da lassen führende Mitglieder der Bundestagsfraktion
von DIE LINKE immer wieder verlauten, eine Novellierung des Grundgesetzes im
Sinne der Abschaffung von Artikel 140, der die Staatsleistungen an die Kirchen
regelt, und des Gottesbezuges in der Verfassung stünden aktuell nicht vordergründig
auf der politischen Agenda.
Gleichzeitig positionieren sich linke
Kandidaten zur Landtagswahl in Baden-Württemberg und anderswo eindeutig,
indem sie sich klar für mehr Ethik-Unterricht aussprechen, die Verbandelungen
zwischen Kirche und Politik kritisieren oder aber die Abschaffung des "Blasphemie"-Paragrafen
fordern. Gleichzeitig sendet dann aber wieder manch ein Funktionär
der Partei erst eindeutige Zeichen aus, wie kürzlich Marco Höne, der
in staatlichen Geldern an die katholische Kirche eine Förderung von Homophobie
sah - auf Nachfrage bis heute aber nicht auf den Einwand reagierte, weshalb
sich DIE LINKE denn dann nicht initiativ stark mache für Veränderungen
auf diesem Themengebiet.
Wo will sie nun also hin, DIE LINKE, wenn
es um die Frage nach einer Säkularisierung in Deutschland geht? Einen
Laizismus lehne sie ab, das hat sie immer wieder deutlich gemacht. Gleichwohl
propagiert sie eine Notwendigkeit der Trennung von Staat und Kirche - fördert
parallel aber ein lobbyistisches Miteinander mit den Religionsgemeinschaften,
wenn sie sie als wesentliche Stütze des Sozialsystems lobt und daneben
auch ihr einziger Ministerpräsident nichts unversucht lässt, beim
Pontifex in Rom um Gottes Segen zu bitten.
Möglicherweise rührt
die enge Bindung der LINKEN an die Kirchen auch aus den Theorien des Hermann
Kutter, Paul Tillich oder Leonhard Ragaz, die ja eine zwingende Verbindung des
Christentums mit dem Sozialismus sahen - wenngleich eher deshalb, weil beide
reformationswürdig seien. Friedrich Engels sah in der Religion sogar die
"Ohnmacht vor dem Natürlichen". Und auch, wenn man das Karl Marx
zugeschriebene Zitat vom "Opium des Volkes" in unterschiedlichster
Weise auslegt und interpretiert, ist seine Kritik an der Religion auch deshalb
so bezeichnend, weil sie die Verbindung zur Politik thematisiert - und damit
weit von dem abweicht, was anfangs Feuerbach postuliert hatte. Entsprechend
beschreibt Marx trefflich das, was Kirchen heute tun: Sie bestimmen Politik
einflussreich und lobbyistisch mit, im Namen der Religion und des Machterhaltens.
Hier wäre es also gerade Verpflichtung und Aufgabe dieser Partei, die sich
ansonsten stets als Protestbewegung gegen das Establishment versteht, mit einem
lauten Veto ihre Stimme zu erheben.
Doch letztlich scheint auch DIE
LINKE nicht umhin zu kommen, sich von der Gier der Macht zu lösen, die
Kirchen in Deutschland weiterhin einflussreich versprechen. Wer politisch etwas
werden will, kommt an den religiösen Großkonzernen nicht vorbei,
das haben wohl die Spitzenpolitiker durch alle politische Couleur hindurch verstanden.
Unverbraucht und im besten Sinne naiv können dagegen diejenigen an der
Basis einen wahrhaftigen Einsatz für eine Säkularisierung einfordern,
die nicht davon abhängig sind, in ihrem Ämter gehalten, vom Wohlwollen
der finanzstarken Bistümer, Diözesen und Landeskirchen getragen und
im Netzwerk der "Player" auf politischem Boden gefördert zu werden.
Und vielleicht tragen diese oftmals jungen und dynamischen Nachwuchspolitiker
auch dazu bei, dass sich diejenigen linken Kreise Gedanken über eine Umkehr
in der Anbiederung an die Kirchenmänner machen, die offenbar bis heute
mit einem Schuldbewusstsein gegenüber dem Klerus leben, der bis 1989 ja
auch nicht immer ein leichtes Dasein pflegte und sich - wie so häufig in
der Geschichte - in der Opferrolle auf Wiedergutmachung freut. Die Hoffnung
liegt auf jenen, die Karl Barth vielleicht eines Besseren belehren wollen: Ein
wirklicher Sozialist muss eben doch nicht unbedingt Christ sein...