Die Zeit im Bild 1 zeigte am 9.5. ein Bild vom 1. Mai:
Gegner
und Anhänger halten Tafeln hoch, die Gegner sind aggressiver und viel lautstärker,
sie lassen den Kanzler nicht reden. Sie sind ja schließlich von der Fraktion
der willkommenskulturellen Weltfremden, die vehement von ihrer Partei und ihrem Parteivorsitzenden
weiterhin offene Grenzen verlangen. Dass die SPÖ ständig Stimmen
verlor, weil sie das machte, was der Großteil der Bevölkerung nicht
will, werden diese moralischen Egozentriker nie begreifen.
Faymann
gibt seinen Rücktritt bekannt und wird im Insert bereits als "ehemaliger
Bundeskanzler" betitelt.
Machen wir einen Blick zurück in die Geschichte der SPÖ und
der anderen Parteien seit den
1970er-Jahren:
diese
Tabelle zeigt die Stimmenanteile der österreichischen Parteien von den
Nationalrats- und EU-Wahlen 1970 bis 2014, die SPÖ ist seit 1979, dem
Höhepunkt der Kreisky-Ära, mit ein paar Wellenbewegungen nach unten
abgestiegen, die ÖVP stieg mit ab, die FPÖ stieg auf, bis die FPÖ-Buberlpartie
von Jörg Haider in Koalition mit dem großmannsüchtigen ÖVP-Kleinkanzler
Schüssel die Republik auf fundamental dilettantische Art dem Neoliberalismus
endgültig in den Rachen warf und dadurch vor allem die FPÖ bezwang,
die Rechtspopulisten mussten unten wieder neu anfangen. Die SPÖ hatte
1979 mit 51 % das beste Wahlergebnis, 2009 mit 23,7 % bei EU-Wahlen das schlechteste,
bei Nationalratswahlen war es mit 26,82 % das Jahr 2013.
Beim heurigen ersten
Durchgang der Bundespräsidentenwahlen hat der Wiederaufstieg der FPÖ
den Wahlerfolg auf eine bisher unerreichte Höhe gebracht, dazu eine Übersicht
der Präsidentenwahlen seit 1971:
Hier
sind nicht die aufgestellten Kandidaten, sondern die nominierenden Parteien
angeführt, wenn zwei Wahldurchgänge erforderlich waren, wurde der
erste Durchgang verwendet, bei der Wiederwahl eines amtierenden Kandidaten haben
SPÖ und ÖVP nicht jedes Mal einen eigenen Kandidaten aufgestellt.
Die FPÖ hatte 1986 mit dem Kandidaten Otto Scrinzi und 1,2 % den Tiefstand
und 2016 mit Norbert Hofer und 35,05% den Höchststand, die SPÖ 1971
mit Jonas und 52.8 % den Höchststand (ungerechnet die Wahlen ohne ÖVP-Gegenkandidat)
und 2016 mit Hundstorfer und 11,28% den Tiefststand.
Werner Faymann
ist nicht unbedingt der Hauptschuldige am Niedergang der österreichischen
Sozialdemokratie, dieser Niedergang widerspiegelt die Veränderung des Seins:
Als Ende der 1980er-Jahre der internationale Klassenkampf durch den vermeintlichen
sowjetischen Reformer Gorbatschow wegen dessen völliger gesellschaftspolitischer
und ökonomischer Unfähigkeit durch freiwillige Kapitulation endete
und das erste Land, das versucht hatte, sozialistisch zu sein, von einem Berufsalkoholiker
namens Jelzin zugunsten einer neuen russischen Raubbourgeoisie quasi versoffen
wurde, war die Sozialdemokratie in keiner Weise in der Lage, auf die neue Situation
angemessen zu reagieren. Nein, man rüstete ebenfalls ab. Ebenfalls kampflos.
Die
neue Wahrheit war die neoliberale Globalisierung, sozialdemokratische Politiker
stürmten zuhauf, sich dort stramm einzugliedern. Blair modernisierte England,
Vranitzky und Klima modernisierten Österreich, Schröder modernisierte
die BRD, um nur einige der damaligen Täter im Kampf zur Wegreformierung
der Sozialdemokratie anzuführen.
Und dort sind wir immer noch.
Eine Brigitte Ederer, eine SPÖ-Politikerin und ehemalige EU-Staatssekretärin,
die danach hingebungsvoll einen deutschen Großkonzern neoliberal mitmanagte,
wird jetzt als eine mögliche Faymann-Nachfolgerin erwähnt, die zwei
Hauptkandidaten, ÖBB-Chef Christian Kern und Medienmanager Gerhard Zeiler
sind ebenfalls keine Vertreter von Interessen der arbeitenden Klasse. Die
längst bewusstseinlosen österreichischen Gewerkschaften werden kandidatenbezüglich
gar nimmer durchforstet. Ein Parteimanager muss her!
Und die
christliche ÖVP stellt sich sogleich wieder nach den bekannten biblischen
Prinzipien gemäß Mt 25, 29 auf: "Denn wer da hat, dem wird gegeben,
dass er die Fülle habe; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen,
was er hat", wie der ORF meldete, gibt sie dem neu zu erwartenden
SPÖ-Kanzler folgende Regeln vor: In der Wirtschaftspolitik kann sich
Mitterlehner die Entwicklung eines Standortpakts für Österreich ähnlich
wie in Großbritannien vorstellen (also eine Art homemade TTIP), mittelfristige
will er Reformpakete in den Bereichen Bildung, Pensionen und Gesundheit. Im
Bereich Bildung dessen Qualität unter SPÖ-Verwaltung durch Heinisch-Hosek,
der wohl zweitunfähigsten*)
Bildungsministerin, von Jahr zu Jahr nach unten sinkt, kann man
ja kaum noch was ruinieren, da kann sogar eine neoliberale Reform helfen. In
bezug auf Pensionen und Gesundheit gilt natürlich der obige Bibelvers.
*)
die unfähigste war die ÖVP-Ministerin
Gehrer, die im Rundfunk vorrechnete, dass eine Zulage von 70 Euro im Monat zehnmal
im Jahre 7.000 Euro brächte und 26:2=14 - die Tonmitschnitte sind archiviert!
- in den Schulen werden solche Gehrer-ähnliche Leistungen
bald erreicht werden!
Dass
die SPÖ der ÖVP zum Beispiel einmal einen Mindestlohn für alle
vorlegte, das wagt man nicht, weil das wäre wahrscheinlich schon eine gräuliche
bolschewistische
Forderung.
Gespannt kann man allerdings sein, was die Faymannstürzer
von seinem Nachfolger zu erwarten haben. Die erwarten natürlich, dass die
SPÖ weiterhin der Hauptlieferant für FPÖ-Stimmen bleibt,
also wieder einen weltweiten Willkommensruf an alle Mühseligen und
Beladenen erschallen lässt und damit den Hofer-Sieg bei den Bundespräsidentenwahlen
und einen Bundeskanzler Strache nach den nächsten Nationalratswahlen
sicherstellt. Die SPÖ ist zwar in ihrer ursprünglichen Klientel ohnehin
vom einstigen Schmied zum kleinen Schmiedl geschmolzen - 72 % der Arbeiter wählten
beim ersten Durchgang der heurigen Bundespräsidentenwahl den FPÖ-Kandidaten
- aber das ist anscheinend immer noch zuviel, wenn man sich weltmoralisch entsprechend
anstrengt, kann die Partei schließlich gänzlich ruiniert werden!
Bundeskanzler Strache wird dereinsten ein Dankschreiben schicken.
Die neuesten Meinungsumfragen sind von Anfang April und zeigen die FPÖ
mit durchschnittlich 32 % als stärkste Partei, SPÖ und ÖVP krebsen
bei 22 bis 23 % herum, die Grünen bei 14, die NEOS bei 7 %. Somit hätte
eine große Koalition keine Mehrheit mehr, mit den Grünen ginge sich
eine um eine Partei größere große Koalition aus, knapp ging das auch mit den
NEOS. Aber sowohl SPÖ als auch ÖVP hätten mit der FPÖ eine
passable Mehrheit, aber wohl unter einem Kanzler H.C. Strache, der wahrscheinlich
nicht so dumm wie Jörg Haider im Jahre 2000 sein und der schwächeren
Partei den Kanzler überlassen wird. Die FPÖ könnte sich
in diesem Fall den Partner aussuchen, also sozusagen den Meistbieter nehmen.
Die Erfahrungen welche die Partei mit der Schüssel-ÖVP machte, wären
aber vermutlich ein SPÖ-Vorteil.
Eine rot-schwarz-grüne Koalition
würde jedoch im wesentlichen der FPÖ helfen, weil dann die Zuwanderung
wohl zumindest teilweise reaktiviert werden könnte, auch wenn man jetzt
auf grüner Seite vielleicht gar nimmer so fanatisch auf "weltoffen"
macht, wie es diejenigen SPÖ-Leute tun, die glauben es wäre "links",
wenn man massiv gegen die diesbezügliche Stimmung im Volke auftritt.