Die Kirche lobt sich schön

Die Gegenüberstellung der Wirklichkeit und der katholische Sicht auf diese war in zwei STANDARD-Artikeln wunderschön zu sehen.

Am 11.7.2016 erschien dort unter dem Titel "Die Kirche predigt Wasser und trinkt Wein" ein Gastkommentar von Gottfried Schellmann laut Eigenangabe "Christ und Steuerberater in Wien", er schrieb u.a.:
"(..) Die Vertreter der katholischen Kirche und ihrer Laienorganisationen melden sich immer dann zu Wort, wenn es um Umverteilung und Barmherzigkeit geht. Das verstärkte Engagement für Flüchtlinge, insbesondere durch die Caritas, wird mit Mahnungen an den Staat und seine Bewohner unterlegt, noch mehr gegen die Armut zu tun.  (..)
Die Radikalsten unter den Vertretern der kirchlichen Einrichtungen wollen die Bürger überhaupt durch Drohungen zu einer allumfassenden Barmherzigkeit bekehren, wie etwa Franz Küberl mit seiner Aussage 'Die Armen wissen, wo die Reichen wohnen'.  (..)
Die grundsätzliche Frage ist aber: Was macht die katholische Kirche selbst? Warum setzt sie ihr Vermögen nicht zur Armutsbekämpfung ein, und wie groß ist dieses? Recherchen zeigen, dass die Institutionen der katholischen Kirche allein ein Grundvermögen über 208.000 Hektar besitzen, davon 147.000 Hektar Wald. Dabei sind (..) die vielen Immobilien in den Innenstadtlagen gar nicht erfasst. Man kann daher von einem Grundbesitz in der Größe von Vorarlberg ausgehen. Vorsichtige Schätzungen lassen einen Wert von 120 Milliarden Euro als plausibel annehmen. (..)"

Es folgt dann eine Beschreibung über die Begünstigung der Kirche bei Erbschaften und Schenkungen und über den Transfer von Kirchengeldern ins Ausland, um die Kapitalertragssteuer zu vermeiden. Dann heißt es: "Die Caritas, die Speerspitze der Barmherzigkeitsbewegung, lässt sich vom Staat jede Leistung vergüten. (..) Das ist ein unsauberes, einseitiges Verhältnis zwischen Kirche, dem Staat und seinen Bürgern. Letztere sollen alles aufgeben, um Jesus folgen zu können, während man selbst sein Vermögen unversteuert hortet und vermehrt. (..)"

Und zum Schluss forderte Herr Schellmann: "Wäre es nicht gerechter, wenn der Staat das Konkordat mit dem Heiligen Stuhl aufkündigen und die Hälfte des Kirchenvermögens für die Armutsbekämpfung konfiszieren würde? So kann man die Kirchenvertreter an das Vorbild des heiligen Martin heranführen, der auch nur ein einziges Mal seinen Mantel teilen musste."

Das war der Kirche natürlich zuviel! Da musste ein Gegenartikel verfasst werden, am 15.7.2016 ließ Paul Wuthe, Presse- und Medienreferent der Österreichischen Bischofskonferenz, die österreichische Menschheit wissen, welch herrliche Leistungen die katholische Kirche vollbringt:
"Was die Kirche gemeinsam mit ihren vielen Freiwilligen und Spendern im Bereich von Seelsorge, Bildung, Gesundheit, Sozialem, Entwicklungshilfe, Kultur etc. leistet, kann sich demgegenüber sehen lassen. Das belegt die IHS-Studie, die zum Schluss kommt, dass die Allgemeinheit jährlich einen nachweisbaren Nutzen im Wert von 2,58 Mrd. Euro lukriert. (..)"

Zu erwähnen vergaß der Herr Wuttke allerdings, dass alleine die Zahlungen aus öffentlichen Mitteln an die Ordensspitäler 2012 sich auf 1,8 Milliarden Euro beliefen, der Staat bei den katholischen Privatschulen den Lehrkörper zahlt, die "Seelsorge" keinen Nutzen für die "Allgemeinheit" darstellt, sondern nur für tatsächlich gläubige Katholiken einer sein kann, kulturelle Leistungen sich wohl auf Sakralbauten beziehen, deren Instandhaltung in einen hohen Maß mit öffentlichen Geldern bezahlt wird und Spendensammlungen für Soziales im Vergleich zu den Leistungen der öffentlichen Sozialeinrichtungen eine kaum wahrnehmbare Höhe haben.

Und besonders interessant: der Herr Wuttke sagt keine Silbe zu den 120 Milliarden Grundbesitz der Kirche. Aber der obige Absatz "Was die Kirche mit ihren vielen...." ist die übliche Selbstverherrlichung der katholischen Kirche, die allerdings keinen realen Boden hat, weil Herr Wuttke führt keine Zahl an, was die Kirche aus Besitz und Vermögen für die Allgemeinheit geleistet haben könnte. Kann er natürlich auch nicht anführen, weil dafür kein Cent verwendet wurde!