Radhuber: Populisten erheben den Alleinvertretungsanspruch für
alle Bürger und erklären dem Pluralismus offener Gesellschaften den
Krieg.
Jeder, der anders denkt, wird aus der Gesellschaft ausgegrenzt und
als Volksverräter oder Staatsfeind abgestempelt. Siehe Viktor Orban in
Ungarn, Jaroslaw Kaczynski in Polen oder Erdogan in der Türkei. Auch die
im Zuge des Wahlkampfes von freiheitlichen Unterstützern thematisierte
Affäre um vermeintliche iPhones für Asylanten vom "Verräterverein
Caritas" (sic!) ist bezeichnend.
Pluralistische Anmerkung:
Und was macht Herr Radhuber? Grenzt er niemanden aus? Ist eine Gesellschaft,
die Populisten ausgrenzt, pluralistisch? Und muss die Frage nicht lauten: warum
wählen Menschen populistische Parteien und Personen? Die Frage kann nicht
sein, was macht der Orban, sondern, warum wählen soviele Ungarn den Orban?
Radhuber:
Populisten sind demokratiefeindliche Bewegungen. Sie wettern sowohl gegen
das "Establishment" als auch gegen Menschen, die nicht ihrer Meinung
sind. Sobald sie an die Macht kommen, biegen sie die Gesetze zu ihren Gunsten,
um die Opposition so weit wie möglich zu lähmen. Populisten belassen
oft die demokratische Fassade, höhlen die Demokratie jedoch durch Ausschaltung
der Opposition und Abschaffung der Medienfreiheit aus. Wenn nach der Machtergreifung
durch die Populisten doch nicht alles so funktioniert, wie man es versprochen
hatte, schafft man Sündenböcke. Sobald einmal die Medienfreiheit ausgeschaltet
ist, funktioniert das recht gut.
Pluralistische Anmerkung: Der
Herr Radhuber tut sowas nicht, der wettert nicht gegen Menschen, die nicht seiner
Meinung sind. Klar, wenn seine Meinung verpflichtender Standard ist, dann wettert
er doch! Wenn er in obigem Absatz die Politik des Herrn Erdogan beschreibt,
dann soll er den Herrn Erdogan auch mit dem Namen nennen. Die FPÖ hat in
der Schüssel-Regierung eine sehr fatale Rolle gespielt, der Jörg Haider
hat in Kärnten den Neoliberalismus voll entfaltet, aber das hat damals
auch die Schüssel-ÖVP gemacht. Und die Opposition wurde nicht gelähmt,
die hat sogar mit dem Gusenbauer die Wahl gewonnen. Weil der war zwar kein Populist,
aber die Alternative zu ÖVP/BZÖ zu sein, das schaffte sogar der Gusenbauer.
Radhuber:
Damit stellt sich die Frage: Was tun gegen Populisten? Dass Ausgrenzung die
falsche Strategie ist, haben die Erfahrungen bewiesen. Durch Ausgrenzung begibt
man sich auf die gleiche Ebene.
Pluralistische Anmerkung: aha,
weil man sich durch Ausgrenzung auf dieselbe Ebene begibt, darum versucht sich
Herr Radhuber als Ausgrenzer aller Populisten?
Radhuber: Auch
die These der "Entzauberung" durch populistische Regierungen ist problematisch:
Holt man Populisten als Koalitionspartner in die Regierung, riskiert man, von
diesen selbst ausgeschaltet zu werden. Und sobald Populisten einmal an den Schalthebeln
der Macht sitzen, wird man sie auch nicht mehr einfach los.
Pluralistische
Anmerkung: In Zeiten von ÖVP/FPÖ/BZÖ wurde die ÖVP ausgeschaltet?
Oder waren es FPÖ und BZÖ? Weil es die dortigen Anführer gar
nicht begriffen hatten, warum in den 1990ern die FPÖ plötzlich zweitstärkste
Partei war. Darum hatten dann 2006 die FPÖ nur noch elf Prozent und das
BZÖ nur noch vier. An den Schalthebeln der Macht saßen sie nicht
und der ÖVP-Schüssel auch nimmer. Man bringt sie also wieder los!
Ein "Ermächtigungsgesetz"
wie beim Hitler wird sich heutzutage maximal in der Türkei
beschließen lassen, aber nicht in Europa
Radhuber: Damit
bleibt nur eines: Politiker und Bürger müssen klarmachen, was es bedeutet,
wenn eine politische Gruppierung von sich behauptet, das "Volk" zu
sein. Nämlich, dass alle anderen nicht dazugehören. In einem nächsten
Schritt muss erklärt werden, warum es für die Demokratie wichtig ist,
große Bevölkerungsteile, ja oft sogar die (schweigende) Mehrheit
eben nicht aktiv auszugrenzen.
Pluralistische Anmerkung: Parteien
wie die FPÖ werden nicht deshalb als "populistisch" bezeichnet,
weil dort behauptet würde, sie wäre das Volk, sondern weil im Volk
die Meinung zunimmt, um sie kümmert sich niemand mehr. Die ÖVP kümmert
sich um die Konzerne, Banken und Großagrarier, die Grünen kümmern
sich um die Willkommenskultur und abgeschrägte Gehsteigkanten, die SPÖ
kümmert sich darum, dass der Bundeskanzler ein SPÖ-Politiker ist,
um ihre Klientel kümmert sich die Partei nimmer. Wenn dann bei der aufgehobenen
Bundespräsidentenwahl 86 % der Arbeiter den FPÖ-Kandidaten gewählt
haben, dann liegt das nicht am Populismus der FPÖ, sondern an der politischen
Unfähigkeit der SPÖ, sich wahrnehmbar für die Klasse der arbeitenden
Menschen einzusetzen, dafür war die Partei seinerzeit zwar gegründet
worden, aber im Neoliberalismus geht das nimmer. Und darum geben immer mehr
Leute Proteststimmen an die Partei ab, die z.B. auch der Herr Radhuber ausgrenzt:
der Herr Radhuber sagt in seinem Leserbrief, FPÖ zu wählen, gehöre
sich nicht. Immerhin deutet er dann noch sanft an, man dürfe auch die schweigende
Mehrheit nicht ausgrenzen. Bei der Bundespräsidentenstichwahl hatte die
von den anderen Parteien ignorierte riesige Wählergruppe gerade einmal
30.000 Stimmen weniger als die Gemeinschaft der Unpopulisten. Wenn man den
Populismus bekämpft, indem man die Protestwähler ausgrenzt, dann sichert
man dem FPÖ-Hofer bei der heurigen Wahlwiederholung den Posten des Bundespräsidenten
und schafft die Basis für eine absolute Mehrheit für Straches FPÖ
bei den Nationalratswahlen 2018.
Nicht vergessen: bei den aktuellen Wahlumfragen
liegt die FPÖ bei 35 %! Bei den Umfragen vor der ersten Runde der Bundespräsidentenwahlen
lag Hofer bei ca. 21 %, bei der Wahl erhielt er 35 %. Somit haben die Befragten
gelogen. Wenn sie bei den jetzigen Umfragen - um sich nicht ausgegrenzt fühlen
zu müssen - wieder lügen, dann wären diese aktuellen 35 % schon
deutlich über 50 %...
Alles klar wie man den Populismus bekämpft?
Man muss sich um die Leute kümmern, die sich als zurückgesetzt, vernachlässigt,
ignoriert und zurückgewiesen sehen, also den Fluss der Proteststimmen zur
FPÖ dadurch stoppen, dass Proteststimmungen als Anliegen wahrgenommen und
politisch behandelt werden. Verdammt noch einmal!