Jetzt hat die im Europaparlament federführende niederländische
Abgeordnete ("Berichterstatterin") Esther de Lange (Konservative,
EVP) ihren Entwurf zur gemeinsamen europäischen Einlagensicherung (EDIS)
vorgelegt. Damit ist die Grundlage geschaffen für die Gesetzgebungsarbeit
des zuständigen Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
an einer gemeinsamen europäischen Einlagensicherung. Nach der Finanzkrise
haben Europaparlament, EU-Kommission und Mitgliedstaaten intensiv an der Errichtung
der Bankenunion gearbeitet. Bis jetzt besteht die europäische Bankenunion
aus den beiden Säulen Bankenaufsicht und Bankenabwicklung. Die gemeinsame
Einlagensicherung ist die dritte, noch zu errichtende Säule. Sie soll die
Einlagen der Sparer im Fall einer Bankpleite absichern und in Krisenzeiten den
Ansturm von Sparern auf Kreditinstitute ("bank run") verhindern.
Bereits
im November 2015 hatte die EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag zur Schaffung
einer gemeinsamen Einlagensicherung vorgelegt, der auf den sogenannten Fünf-Präsidentenbericht
zur Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion zurückgeht. Der Kommissionsvorschlag
sieht eine gemeinsame Einlagensicherung EDIS ("European Deposit Insurance
Scheme") vor, die in der Endstufe einen gemeinsamen Einlagensicherungsfonds
für alle Banken der Bankenunion (derzeit Eurozone) schafft. Das Europaparlament
ist zusammen mit dem Rat der Mitgliedstaaten Ko-Gesetzgeber zur gemeinsamen
Einlagensicherung.
Ausblick: Als nächsten Schritt können
die Europaabgeordneten dazu Änderungsanträge einbringen. Auf Basis
des Berichtsentwurfs und der Änderungsanträge verhandeln die Mitglieder
des ECON-Ausschusses der verschiedenen Fraktionen des Europaparlaments anschließend
über die Position des ECON-Ausschusses. Am Ende dieser Verhandlungen steht
eine Ausschussabstimmung, deren Ergebnis das Mandat des Europaparlaments für
die Verhandlungen mit EU-Kommission und Mitgliedsstaaten (EU-Sprech: Trilog)
sein wird.
"Es ist erfreulich, dass der Berichtsentwurf zur gemeinsamen Einlagensicherung
(EDIS) den zentralen Grünen Vorschlag aufgreift, die Europäische Einlagensicherung
als Rückversicherung auszugestalten und auf eine Vollvergemeinschaftung
zu verzichten. Damit ist ein wichtiger erster Schritt gemacht, so dass die
gemeinsame Einlagensicherung eine Stärkung der bewährten Sicherungssysteme
in den Mitgliedstaaten bewirkt, statt sie zu untergraben. Der Vorschlag
aus dem Europaparlament beweist damit mehr Augenmaß als die Vorschläge
der Kommission: Die von der Brüsseler Behörde angedachte Vollvergemeinschaftung
für Spareinlagen würde den Institutssicherungsystemen von Sparkassen
und Genossenschaftsbanken den Boden entziehen. Der Vorschlag der EU-Kommission
ist grotesk, denn er schwächt kleine Institute im Wettbewerb, statt sie
gegenüber Großbanken zu stärken. Die Rückversicherung der
Einlagensicherung kann dagegen das Ziel ebenso erreichen, Einlagen überall
in der Eurozone gleichermaßen sicher zu machen. Die Kampagne der Sparkassen
und Genossenschaftsbanken gegen jede Vergemeinschaftung der Einlagensicherung
schießt dagegen über das Ziel hinaus und richtet sich letztlich gegen
den Zusammenhalt der Eurozone.
Der Berichtsentwurf ist eine gute Grundlage
für die weitere Gesetzgebungsarbeit zur gemeinsamen Einlagensicherung.
Jedoch macht eine Schwalbe noch keinen Sommer: Noch ist nicht sichergestellt,
dass Banken mit geringeren Risiken auch tatsächlich weniger Beiträge
entrichten. Die gemeinsame Einlagensicherung darf nicht zu einer Schwächung
kleiner und risikoarmer Kreditinstitute führen. Um das Vertrauen von Bürgern
und Sparern in die gemeinsame Einlagensicherung zu stärken, ist es außerdem
zentral, dass parallel zur Einführung von EDIS Maßnahmen auf den
Weg gebracht werden, um Risiken im Bankensystem abzubauen. Denn nur tatsächlich
sichere Banken sollten unter den Schutzschirm einer europäischen Einlagensicherung.
Hier handelt die deutsche Bundesregierung kontraproduktiv, wenn sie sich bei
den Verhandlungen zu Basel IV erbitterten lobbygetriebenen Widerstand gegen
weitere Maßnahmen der Risikoreduktion im Bankensektor leistet."