Wer macht den dümmeren Wahlkampf?

Der Wahlkampf für die  Wiederholung der österreichischen Bundespräsidenten-Stichwahl am 4.12.2016 bringt des öfteren seltsame Blüten hervor.

Die FPÖ hatte eigentlich eine säkulare Tradition, denn schon die Deutschnationalen in der Monarchie standen für ein "Los von Rom" und agitierten sogar für den Kirchenaustritt, zumindest für den Übertritt in die kleine Protestantengemeinschaft hierzulande. Keiner der damaligen Politiker der FPÖ-Vorläuferparteien wäre auf die abstruse Idee gekommen, für ein "Abendland in Christenhand" zu werben oder "so wahr mir Gott helfe" auf Wahlplakate zu schreiben. Jörg Haider, HC Strache und Norbert Hofer vollbrachten solche Taten. Sie wollten damit wohl der ÖVP Wähler wegnehmen. Wähler haben sie eher der SPÖ weggenommen und als Strache bei der EU-Wahl 2009 dauernd mit einem Kreuz in der Hand herumfuchtelte, verloren die Freiheitlichen rund fünf Prozent gegenüber der Nationalratswahl vom Vorjahr, man hatte die Religiosität in Österreich völlig überschätzt und bis heute nicht begriffen, dass die Österreicher säkular sind und nicht fromm.

Solche Plakate nutzen darum dem grünen Kandidaten van der Bellen:


Aber umgekehrt macht man es genauso schlau,
wie z.B. am 13.11. beim grünen Bundeskongress in Salzburg, wo es klarerweise um die bevorstehende Präsidentenwahl ging.

Dazu Originalton von Parteichefin Glawischnig aus dem Bericht in der Zeit im Bild 1:


Was erlebte da der TV-Zuschauer? Die Nichtwunschliste der Eva Glawischnig. Sie kann sich diese Wünsche klarerweise alle erfüllen: indem sie nicht FPÖ wählt. Aber es kommt sicherlich nicht gut über die Rampe, wenn dem Volke in strengem erzieherischen Ton verkündet wird, dass es quasi nicht statthaft sei, gegenteilige Ansichten und Wünsche zu haben, Wünsche der Glawischnig also zu Befehlen an die Wählerschaft werden. Weil dadurch eben gerade dieselben Bevölkerungsgruppen, die in den USA den Trump gewählt haben, auch in Österreich dazu motiviert werden, genau das zu machen, was die Glawischnig nicht will: weil durch solche fordernd-belehrende Töne Leute, die eben in den entsprechenden Missstimmungen sind, Ängste haben, die ihnen nicht der Strache eingeredet hat, sondern die sich aus ihrem Dasein entwickelt haben, sich nun als unakzeptiert, als zurückgewiesen, als erniedrigt empfinden und daher eine Bestätigung ihrer Missstimmung erleben!

Am 14.11. wurde das von der van-der-Bellen-Seite flugs fortgesetzt: Eine Personengruppe um den Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner macht gegen FPÖ-Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer mobil. Mit der Kampagne "Nein zum ÖXIT" warnen Haselsteiner und Co. vor dem EU-feindlichen Kurs der FPÖ, hier der Tonmitschnitt des Berichtes in der Zeit im Bild:



Dabei auch die Frau Ederer, die den Österreichern seinerzeit zum EU-Beitritt einen jährlichen Tausender (in Schilling) mehr versprochen hatte, die Leute heute jedoch erleben, dass sie jetzt unter stärkerer Arbeitsbelastung weniger Realeinkommen haben als vor 20 Jahren, der "Ederer-Tausender" wurde zum Synonym für politische Täuschungen.

Dieses Komitee schadet mit ziemlicher Sicherheit dem van der Bellen. Dieser legte noch nach und ließ am 15.11. seinen Wahlkampfentspurt durch einen der eifrigsten neoliberalen EU-Politiker, nämlich den ÖVPler Othmar Karas einleiten, er schadet sich also auch selber. Zeigen tun Haselsteiner, Karas & Co, dass man auf der Seite von van der Bellen nicht einmal ansatzweise begriffen hat, wie die verbreitete Stimmung im Volk ist, der grüne Kandidat forciert damit vermutlich selber mehr Ängste und Missstimmungen in der Wählerschaft als es die FPÖ-Reklame tut...

Aber vorsichtshalber ist Alexander van der Bellen auch anderseitig unterwegs, wie hier dieser Screenshot von der PROFIL-Site vom 15.11. zeigt:

Man kann also gespannt sein:
wer hat den dümmeren Wahlkampf gemacht, dabei die dümmeren Wähler erwischt und damit gewonnen oder verloren?