War on cash – Euro-Version

Publiziert am 29. Januar 2017 von Wilfried Müller auf www.wissenbloggt  

Welcher Teufel reitet wohl die Europäische Kommission, dass sie in der jetzigen sensiblen Situation sowas raushaut? Es geht um die EU-Initiative für die Beschränkung von Bargeld-Zahlungen:
Proposal for an EU initiative on restrictions on payments in cash

Dazu wurde am 23.1. 2017 eine "Inception Impact Assessment" vorgelegt. So heißt im Brüsselsprech eine Voraus-Begutachtung der Auswirkungen (Bild: IncisedClown, pixabay).

Nachdem der 500-Euro-Schein bereits abgeschafft wird, geht es nun offenbar auch gegen den Rest des Bargelds. Das EU-Paper kann man  hier einsehen.



In dem Paper werden Bedenken geäußert: In general, it is important to remember that cash is also the most accessible means of payment, and remains widely used. An important part of the public regards payment by cash as a personal freedom. Any change of policy would therefore be quite sensitive, and should start from the assumption that many could oppose restrictions on the use of cash and that such opposition could be built on sensible arguments.

Wenn man den Leuten das gewohnte Bargeld wegnimmt, könnten sie dagegen argumentieren, ihre persönliche Freiheit werde beschnitten. Man muss sich also auf massenhaften Widerstand einstellen. Die Frage ist nur, warum will die EU diesen Streit ausgerechnet jetzt vom Zaun brechen, wo sie doch eh schon Legitimitätsprobleme hat? Wo überall gegen die hochherrschaftliche Brüsseler Verfügungsgewalt aufgemuckt wird? Wo endlich das EU-Demokratiedefizit aufgefüllt werden müsste? Und da wieder eine Aktion, die garantiert gegen den Willen der Allgemeinheit ist?

Zur Begründung heißt es in dem Paper:
Organised crime and terrorism  financing rely on cash for payments for carrying out their illegal activities and benefitting from them. By restricting the possibilities to use cash, the proposal would contribute to disrupt the financing of terrorism, as the need to use non anonymous means of payment would  either deter the activity or contribute to its easier detection and investigation. Any such proposal would also aim at harmonising restrictions across the Union, thus creating a level playing field for businesses and removing distortions of competition in the internal market. It would additionally foster the fight against money laundering, tax fraud and organised crime.

Gegen die Geldwäsche hat man aber schon die Cash-Beträge auf 10.000 Euro limitiert, mehr darf die Bank nicht anehmen. Was an Steuerbetrug mit Bargeld stattfindet, dürfte ein Bruchteil des Problems sein, und so verhält es sich wohl auch mit dem organisierten Verbrechen. Cash-Limits treffen nur die kleinen, altmodischen, die noch nicht auf Bitcoin oder sonstwas umgestellt haben. Letztlich ist diese Art der Restriktion frag- und diskussionsbedürftig. Mit derselben Logik könnt man schließlich argumentieren, die Verbrecher atmen Luft, also pumpen wir die Luft ab, damit das nicht mehr geht.

Aber es gibt noch größere Unwuchten. Die große Politik versagt regelmäßig bei der Regulierung, wo's die Großen betrifft. Das Gesetz gegen Bankenrettung wurde mit der "vorsorglichen Rekapitalisierung" durchlöchert. Der gesamte Aktionismus gegen die Steuerflucht ist unverrichteter Dinge baden gegangen. Die großen Steuerbetrüger Apple & Co. machen ungebremst weiter. Schon bei wissenbloggt gibt's Dutzende von Artikeln, die das beklagen.

Wo aber die Kleinen betroffen sind, da wird reglementiert nach Gutsherrenart. Die Lobbys haben anscheinend mehr Gewicht als das ganze demokratische Brimborium. Zudem haben die Cash-Restriktionen einen Anruch:
Dahinter steht ja auch eine Machtergreifung. Wenn es kein Bargeld mehr gibt, erlangt die Zentralbank die volle Kontrolle. Dann existiert das Geld nur noch in der Cloud und auf den Speicherplatten. Das erlaubt dann beliebige Manipulationen, z.B. den Negativzins für jedermann. Keiner kann mehr sein Geld vor solchen Zugriffen verstecken.

Angesichts der Euro-Geschichte von Rechtsbrüchen, Verantwortungsvermeidung und Hau-Ruck-Aktionen kann man nicht mal direkten Diebstahl vom Konto ausschließen
, z.B. Zwangsbeiträge für das notleidende Euro-Regime, nach dem Motto: wir haben ja den Riesenaufwand, euch zu kontrollieren, dafür müsst ihr zahlen. Ganz oben steht schließlich die Elite der Euro-Politiker, darunter kommen die Lobbys und ganz unten ist das Volk. Bei solchen falschgepolten Wertigkeiten kann Otto Normaltrottel seinem Cash nur hinterherweinen.

Theoretisch könnte die Cash-Abschaffung die illegalen Geldflüsse der Betrüger, Abzocker, Steuerdiebe und sonstigen Kriminellen kontrollieren und sanktionieren. Aber wer wird daran glauben, angesichts des bisherigen Versagens? Die EU bringt ja nicht mal eine Umsatzsteuer auf Finanztransaktionen zustande.

Der war on cash geht weiter, beim Meeting in Davos wurde wieder die Parole "get rid of cash" angestimmt. Wenn wir eine redliche Politik hätten, wäre darüber zu reden. Aber wenn die Politik nie was gegen den Missbrauch der Großen durchsetzt, wird sich auch das Cash-Ex gegen die Kleinen kehren. Nein, so nicht.