Ein Kreuz ist es mit Kreuzen und Kopftüchern!

In Österreich gibt es die Trennung von Staat und Religion nur rudimentär

Seit es das Staatsgrundgesetz von 1867 gibt, gibt es auch das Recht auf Religionsfreiheit. Das ist ein individuelles Recht, verpflichtet jedoch den Staat ganz offensichtlich nicht zur Religionsfreiheit. Weil sonst könnte es nicht sein, dass in nichtreligiösen Einrichtungen Kreuze hängen (müssen). Ein Kindergarten, eine Schule, ein Krankenhaus, ein Gericht sind in keinster Weise religiösen Einrichtungen, wenn sie nicht von religiösen Einrichtungen betrieben werden. Dass in einem Caritas-Kindergarten oder einem Spital der Barmherzigen Schwestern Kreuze hängen, obwohl solche Kindergärten oder Spitäler nicht auf Kirchenkosten betrieben werden, ist irgendwo noch nachvollziehbar, es hängen ja in Gemeindekindergärten womöglich auch Bilder vom Bürgermeister, ob wohl kein Bürgermeistergeld im Kindergarten steckt.

Aber was Kreuze in staatlichen Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern und ganz speziell an Gerichten zu suchen haben, ist absolut nicht nachvollziehbar! In der nach dem Beschluss der Regierung, Kopftücher im Bereichen des öffentlichen Dienstes zu untersagen, angebrochenen Diskussion über Kreuze und Kopftücher konnte bisher nur ein einziges sachliches zugunsten der Kreuze gebracht werden: Kopftücher sind individuelle Merkmale und dienen der Manifestierung islamischer Strenggläubigkeit, Kreuze sind Bestandteile der Einrichtung. Die häufig geäußerten Hinweise auf christliche Traditionen sind flache Ausreden der heutigen Kreuzritter. Traditionen sind keine allgemeinen Einrichtungen, Knickerbockerhosen, Gamsbarthüte oder Schnupftabak sind alte traditionelle Erscheinungen, Jeans und Handys sind neuere, ohne dass deswegen in staatlichen Einrichtungen diesbezügliche Hinweise hängen. Z.B. hat die alte Tradition, überall Aschenbecher aufzustellen, auch stark nachgelassen, obwohl es heute sicherlich mehr Raucher als praktizierende Katholiken gibt.

Wozu hängt in staatlichen Schulen neben dem Bundespräsidenten ein Kreuz? Weil der christliche Gott Könige, Kaiser und Bundespräsidenten einsetzt? Oder weil die katholische Kirche auf solchen traditionellen Duftmarken besteht, damit alle sehen, es gibt die traditionelle katholische Allmacht immer noch?

Wozu hängen in staatlichen Krankenanstalten Kreuze? Damit gläubige Katholiken selber keine mitbringen müssen? Damit Schwerkranke an die "letzte Stunde" erinnert werden? Oder weil die r.k. Kirche damit wenigstens ein bisschen ihren Glauben daran verbreiten kann, Gott gäbe das Leben und den Tod und man entkomme den religiösen Symbolen nirgendwo?

Wozu hängen in Gerichtssälen Kreuze oder stehen zumindest die Schwurgarnituren (zwei Kerzen und in der Mitte ein Kreuz) am Tisch? Damit gläubige Katholiken vom Lügen abgehalten werden? Oder damit der Eindruck vermittelt wird, ein Schwurgericht sei ein Gottesgericht?

Im STANDARD vom 1.2.2017 war zu finden:
Die Vizepräsidentin der Richtervereinigung, Sabine Matejka: "Wir fordern ein umfassenden Neutralitätsgebot." Dies dürfe sich nicht nur auf die Kleidung der Richter beziehen, sondern müsse auch für die Räumlichkeiten gelten. "Es ist nicht neutral, wenn ich vor einem Kreuz sitze und im Namen der Republik spreche."
Der Religionsrechtler Richard Potz, emeritierter Professor an der Universität Wien: "Dort, wo der Staat eine hoheitliche Funktion hat, herrscht eine distanzierende Neutralität". Das Kreuz passe da nicht dazu. Es habe auch nichts mit Religionsfreiheit zu tun, sondern werde damit argumentiert, dass man es für die Eidablegung vor Gericht brauche. "In Strafprozessen gibt es aber keinen Eid, und auch im Zivilbereich spielt er kaum eine Rolle. "Das Kreuz gehört aus dem Gerichtssaal."

Dort gab auch Integrationsminister Kurz die Zusammenfassung der geplanten Maßnahmen: "Erstens das Verbot der Vollverschleierung durch ein eigenes Gesetz. Zweitens das Untersagen des Tragens sichtbarer politischer oder religiöser Symbole für Richter, Staatsanwälte und Polizisten."

In den Schulen bleibt es wie es war, Kopftücher sind dort offenbar nicht das religiöse Symbol, das sie beim Gericht und Polizei sind.
Warum das so bleiben soll, dazu gibt es keine politischen Aussagen.

Als Abschluss ein Leserkommentar aus dem STANDARD:
"Inkonsequent: Das Neutralitätsgebot muss selbstverständlich auch für LehrerInnen und andere BeamtInnen im öff. Dienst gelten, ebenso der Umstand, dass die Kreuze aus den Klassen und öff. Räumen zu entfernen sind. Wir leben nicht mehr in der 1. Republik unter Dollfuß und Schuschnigg - dieser klerikale Faschismus sollte Geschichte sein, in welcher Form auch immer! Das Kreuz in öff. Räumen ist eine Provokation für jeden Anders- und Nichtgläubigen, eine unzulässige Konzession an die christl. Kirchen im Gegensatz zu anderen Glaubensgemeinschaften. auch das Kopftuch entspricht nicht dem Neutralitätsgebot."

Es bleibt mit Kreuzen und Kopftüchern weiterhin ein Kreuz! Anzumerken ist jedoch wieder einmal, dass Kirche und ÖVP ihre Durchsetzungskraft wieder einmal beweisen konnten und die SPÖ wie üblich wieder einmal lahmarschig daneben stand, auch wenn es in der Partei dazu abweichende Meinungen gab, der Sieg blieb bei Kirche und ÖVP...