Diyanet: Ein Staat im Staat

Dr. Thomas Tartsch - Hodschas spionierten in 38 Ländern

Laut dem Bericht verfügt das türkische Diyanet İşleri Başkanlığı (Präsidium für religiöse Angelegenheiten)*) für 2017 über ein Budget, welches das von anderen 11 Ministerien, die alle aufgezählt sind, übersteigt, wobei seit Jahren das Diyanet-Budget dank der islamistischen AKP Regierung immer voluminöser wird.
*) Anmerkung atheisten-info: Diyanet war zur Zeit des großen türkischen Reformers Mustafa Kemal Atatürk die staatliche Verwaltung, durch welche die Religion unter Kontrolle gehalten wurde - unter Erdogan wird sie zum Instrument, den Staat der Religion unterzuordnen.

So steht Diyanet 2017 ein Budget von 6 Milliarden, 867 Millionen türk lirası (Türkische Lira) zur Verfügung, was eine Budgetanhebung von 5,93% bedeutet:
Diyant kontrolliert inzwischen offziell 86.760 Moscheen in der Türkei und hat rund 117.000 Mitarbeiter, unter denen sich auch die Hodschas befinden, die über DITIB/ATIB auf Zeit durch Diaynet in die angeschlossenen Moscheevereine als türkische Staatsbeamte entsandt werden.

Diyanet entwickelt sich damit in der Türkei immer mehr zu einem Staat im Staat.

Zumal sich die Anzeichen mehren, dass nach dem faktischen Zusammenbruch des Schulsystems in der AKP-Türkei durch wiederholte Massentlassungen des Lehrpersonals das zukünftige Schulsystem nach dem Vorbild der religiösen İmam Hatip Lisesi, wo viele der Diyanet Hodschas ausgebildet werden, nach AKP-Vorstellungen islamisiert werden soll, was schon 2015 thematisiert wurde.

Gleichzeitig sind die bekannten Fälle von Spionage durch Hodschas bezüglich Anhänger der kurdischen PKK und der global agierenden Gülen Hareketi/Hizmet um Fethullah Gülen nicht mehr nur als Einzelfälle in Deutschland und Österreich einzuordnen.

Nach diesem Artikel haben türkische Moschee-Beamte nach dem gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 in 38 Ländern spioniert, wobei es primär um die Hizmet geht, die in der Türkei als FETÖ (Fethullahçı Terör Örgütü) oder PDY (Paralel Devlet Yapılanması) eingestuft wird.

Sollte dies zustreffen, dann ist der von Cumhuriyet getroffene Vergleich zwischen Diyanet und dem türkischen Nationalen Nachrichtendienst Millî İstihbarat Teşkilâtı (MİT) zutreffend, da sich Diaynet damit zu einem Quasi-Geheimdienst entwickelt hat, der auf internationaler Ebene agiert.

Konsequenzen:

Beendigung der Hodscha-Entsendung aus der AKP-Türkei, Abbruch der Beziehungen zu DITIB/ATIB bis zur Klärung der Angelegenheit und ein Einreiseverbot für den türkischen Staatspräsidenten notwendig und geboten!

Da die bisher ermittelten Fälle von faktischer Spionage durch türkische Staatsbeamte/Hoschas von Diyanet für den türkischen Staat als Quasi-Geheimdienst und Spiegelbild des MİT anscheinend nur die Spitze des Eisbergers sind, kann es auf politischer Ebene nur noch zwei Handlungsmöglichkeiten geben:
Erstens der Abbruch der derzeitigen Beziehungen von staatlicher Seite mit DITIB (Deutschland)/ ATIB (Österreich), bis die Angelegenheit restlos aufgeklärt worden ist.
Zweitens mittel- bis langfristig die Einstellung der bisherigen Verfahrenspraxis der Entsendung türkischer Staatsbeamte in die Moscheegemeinden über DITIB/ATIB
, da es hier nicht nur um ausländische Spionagetätigkeiten geht, die eine Einmischung in den Kernbereich staatlicher Souverenität darstellen, da es Aufgabe der jeweils zuständigen nationalen Sicherheitsbehörden ist, eine Gefährdungseinstufung von Gruppen und Orgainsationen wie PEKEKE und Hizmet vorzunehmen. Sondern auch um den Transport der islamistisch-nationalistischen Ideologie der AKP mit Einsprengseln des Neo-Osmanismus durch Hodschas in die Moscheegemeinden, womit eine segragative wirkende und gewaltaffin ausgerichtete Ideologie gegen angebliche „Feinde des türkischen Volkes“ unter den im Ausland lebenden türkischstämmigen Menschen verbreitet wird, da für den türkischen Staatpräsidenten „ein Türke“ immer ein Türke mit monogamer Staatsloyalität zum türkischen Staat bleibt, der sich nicht in die jeweilige Gesellschaft identifikativ assimlieren soll.

Gleichhzeitig besteht damit auch die erhöhte Gefahr der Ausübung von politisch motivierter Strassengewalt in Anhängigkeit von Entwicklungen in der Türkei in Europa, da sich auch hier seit Jahrzehnten Anhänger von Konflikparteien wie der kurdischen PKK und rechtsextremistisch-turanistischen Bozkurtçular (Graue Wölfe) gewaltsame Auseinandersetzungen liefern, was durch die Implantation der AKP-Ideologie in den Moscheen weiter angeheizt wird.

Vielmehr muss dieses System langfristig ersetzt werden durch hier ausgebildete Hodschas/Imame innerhalb des Frames eines verfassungskonformen und vom Staat bezüglich der Inhalte kontrollierten Studienganges mit entsprechenden pädgogischen Anteilen, da Hodschas auch in der Kinder- und Jugendarbeit in den Moscheen tätig sind. Diese aber bisher in der Regel keine entprechende Ausbildung besitzen.

Mag das wegen fehlender quantitaver Ressourcen derzeit schwierig sein, da man schon in Deutschland derzeit keine 900 ausgebildeten Hodschas zur Verfügung hat, die die DITIB Hodschas ersetzen können, die dazu auch noch von den Moscheegemeinden anerkannt werden müssen, wird aber in Zukunft kein Weg daran vorbeigehen, da sich DITIB und ATIB anscheinend immer mehr zu politsch-religiösen Zweigstellen von Diyanet entwickeln, die primär die Interessen der AKEPE in Europa vertreten. Womit DITIB und ATIB in der Pflicht stehen, den Gegenbeweis anzutreten.

Daher sind auch die derzeitigen Forderungen berechtigt, den türkischen Staatspräsidenten zu einer „unerwünschte Person“ zu erklären. Und ihm die Abhaltung von Propagandaveranstaltungen für das anstehende Verfassungsreferendum in der Türkei zu verbieten, wofür etwa bei Facebook Gruppen von Organisationen wie der Avrupalı Türk Demokratlar Birliği (UETD) seit längerer Zeit geworben wird, die als Lobby-Organisation der AKP gilt.

Dr. Thomas Tartsch -
www.thomastartsch.org
Copyrigt und alle Rechte beim Verfasser