Gewinnt Assad jetzt den syrischen Bürgerkrieg, weil etliche Dutzend Zivilisten durch Giftgas gestorben sind? Die Berichterstattung über einen Giftgasangriff in Syrien ist zwar stellenweise formal so ausgerichtet, dass auch Stellungnahmen der "anderen Seite" zitiert werden. Aber es wird ständig so dargeboten, als wäre die westliche Wahrheit gesichert und Syrien und Russland würden lügen. Dabei sollte man dazu die Frage der Kriminalistik nicht aus den Augen verlieren: "Cui bono" - für wen ist es gut, wem nützt ein Giftgaseinsatz? Der syrischen Regierung kann das keinerlei Vorteil bringen, wie der inzwischen erfolgte Angriff der US-Luftwaffe gegen eine Stellung syrischer Regierungstruppen zeigt, nutzen tut das Giftgas nicht dem Assad, sondern seinen Gegnern. Denn schließlich ist der Sieg Assads über die seinerzeit von westlicher Seite motivierten Bürgerkrieger bereits absehbar, also braucht man eine Eskalation...
Ein Mann aus
Idlib wird am Dienstag in ein Krankenhaus im türkischen Grenzort Reyhanli
gebracht Foto: Ferhat Dervisoglu/Dogan News Agency via REUTERS
Eigentlich
sollte es am Dienstag und Mittwoch in Brüssel darum gehen, wie Syrien und
seine Nachbarländer in Zukunft unterstützt werden können. Eingeladen
hatte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, »Kovorsitzende«
waren Deutschland, Norwegen, Großbritannien, Katar und Kuwait sowie die
Vereinten Nationen, die von dem Syrien-Beauftragten Staffan De Mistura vertreten
wurde. Vertreter von insgesamt 70 Staaten und internationalen Hilfsorganisationen
waren in die belgische Hauptstadt gereist, um darüber zu beraten, wieviel
Geld für welche Gebiete in Syrien und in den Nachbarländern aufgebracht
werden soll - und unter welchen Bedingungen.
Doch noch bevor die ersten
Gespräche beginnen konnten, bestimmte ein Luftangriff in dem syrischen
Ort Khan Scheikhun (Provinz Idlib) die Tagesordnung. Mehr als 70 Menschen waren
dabei am Dienstag getötet worden, Hunderte wurden verletzt. Ein Krankenhaus,
das die Verletzten versorgte, wurde mit einer Rakete beschossen.
Die
Nachrichten über einen angeblichen Giftgasangriff war von der bewaffneten
Opposition in Khan Scheikhun verbreitet worden. Verantwortlich seien entweder
»russische oder syrische Kampfjets«. Die »Syrische Beobachtungsstelle
für Menschenrechte« in Großbritannien sorgte für die weltweite
Verbreitung der Nachricht, die »Nationale Koalition« (Etilaf) in
Istanbul forderte eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates. Unmittelbar darauf
verurteilte Mogherini den Angriff und machte den syrischen Präsidenten
verantwortlich. Frankreich, Großbritannien und die USA legten in Windeseile
einen Resolutionsentwurf für den UN-Sicherheitsrat vor. US-Außenminister
Rex Tillerson forderte Russland auf, den syrischen Präsidenten »zu
stoppen«. Der UN-Beauftragte De Mistura forderte eine internationale Untersuchung
und warnte vor vorschnellen Schuldzuweisungen.
Zu diesem Zeitpunkt hatte
das russische Verteidigungsministerium bereits mitgeteilt, zu dem besagten Zeitpunkt
keine Angriffe im betroffenen Gebiet geflogen zu haben. Die syrische Luftwaffe
habe dort ein Waffenlager bombardiert, in dem vermutlich Giftgas produziert
oder gelagert worden sei. Die russische Luftüberwachung habe ergeben, dass
»die syrische Luftwaffe zwischen 11.30 und 12.30 Uhr am östlichen
Rand von Khan Scheikhun einen Luftangriff auf ein zentrales Munitionslager
und militärisches Material« durchgeführt habe, sagte der Sprecher
des russischen Verteidigungsministeriums, Generalmajor Igor Konaschenko. »Auf
diesem Gebiet waren auch Werkstätten, in denen Geschosse mit giftigem Material
gefüllt wurden.« Die Symptome, die auf dem aus Khan Scheikhun verbreiteten
Videomaterial zu sehen gewesen seien, entsprächen denen, die man auch in
Aleppo nach Angriffen mit chemischen Waffen beobachtet habe, so der Sprecher
weiter. Russland habe seine Untersuchungen der UN-Organisation zum Schutz vor
chemischen Waffen (OPCW) übergeben, die das Material prüfe.
Die
syrische Armeeführung verurteilte ebenso wie das syrische Außenministerium
das mit Giftgas verübte »Verbrechen an der Bevölkerung«
von Khan Scheikhun und machte die bewaffneten Gruppen verantwortlich. Die Armee
habe »nie chemische Waffen gegen die Bevölkerung eingesetzt und werde
es nie tun«, so ein Armeesprecher. Die Angriffe bei Khan Scheikhun seien
mit Suchoi Su-22-Kampfjets durchgeführt worden, die keine Chemiewaffen
transportieren könnten. Syrien habe die Chemiewaffenkonvention 2013 unterzeichnet
und alle Bestände seien von der UNO abtransportiert und vernichtet worden,
sagte der stellvertretende syrische Außenminister Feisal Mekdad im Interview
mit dem Sender Al Mayadeen.
Soweit aus der "Jungen Welt"
Wenn dann wieder von der "Lügenpresse" die Rede ist, dann
ist das eine böse Hetze gegen alleinseligmachende US- und NATO-Wahrheiten...