Eigentlich brachte der SPD-Kandidat einen Hauch von Erwartung in die vermuffte
Szene, weil er areligiös ist. Jetzt aber kommt raus, wie er sich in das
allumfassende religiöse Miasma integriert (Bild: Foto-AG Gymnasium
Melle, Wikimedia Commons, eigenhändig umgedreht).
Er nutzte das aktuelle AfD-Bashing, um sich mit einer Schelte des
AfD-Aufrufs zum Kirchenaustritt in den Vordergrund zu drängeln. Das ist
ihm gelungen, wie das Googlen von AfD und Kirchenaustritt zeigt:
Alles ist Schulz.
Die sachliche Grundlage ist eher bescheiden. AfD-Parteitag in Köln: Aufruf zum Kirchenaustritt (Kirche und Leben 22.4.): Die AfD hat die Kirchen bei ihrem Bundesparteitag in Köln scharf kritisiert. Speziell Frauke Petry und Paul Hampel (Bundesvorstandsmitglied) riefen zum Kirchenaustritt auf: »In dem Verein sollte keiner von uns mehr Mitglied sein.«
Nun ist das so eine Sache, wenn die Falschen das Richtige sagen. Der
Austritts-Aufruf wurde nur von den Kirchen-Seiten publik gemacht, die
sonstigen Medien meldeten das nicht. Erst als der Kandidat das aufgriff,
wurde eine Nachricht draus:
Ein ungeheuerlicher Angriff auf die Kirchen, hetzte der Kandidat, und das findet sich nun in allen Suchlisten. Als Beispiel sei dieser Artikel genannt, Schulz nennt AfD-Aufruf "abscheulich" (Frankfurter Allgemeine Zeitung 25.4.): Die
AfD hat ihre Mitglieder aufgefordert, aus der Kirche auszutreten. Nun
reagiert SPD-Chef Martin Schulz und findet klare Worte für die
"Alternative".
Das Wort mit dem "ungeheuerlichen Angriff auf die Kirchen" stammt aus
einem Brief vom Kanzlerkandidaten an den Vorsitzenden der
Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, und den Ratsvorsitzenden der
Evangelischen Kirche, Bischof Heinrich Bedford-Strohm.
Der Kandidat macht Kotau vor den ewiggestrigen Glaubensverwesern. Die
Vorwürfe der AfD gegen die Kirchen seien "unfassbar und abscheulich",
heißt es. Welche das waren, sagt der Kandidat nicht. "In dem Verein
sollte keiner von uns mehr Mitglied sein?" "Der Staat soll für die
Kirchen künftig keine Steuer mehr einziehen?"
Das sind doch Forderungen, die jeder Vernunftbegabte unterschreiben
kann. Nein, was da "unfassbar und abscheulich" ist, das ist die
Anbiederung des Kandidaten an die reaktionärsten Kirchenvertreter. So
wird Politik gemacht. So werden Meldungen gemacht. Schandbar.
Links dazu:
Je Schulz desto SPD
Wahlkampf IV – SPD-Kompress
® Zweierlei Maß
Glaubens-Abfall
Nachbemerkung atheisten-info: Es ist immer wieder unfasslich, wie
weltfremd Politiker sind! Wenn die Aufforderung zum Kirchenaustritt "unfassbar und abscheulich"
ist, dann könnte man davon ableiten, dass der Kirchenaustritt selber ebenfalls
"unfassbar und abscheulich" ist und weiter nachgedacht ist dann vielleicht
sogar die Religionsfreiheit "unfassbar und abscheulich" und gehört
abgeschafft? Was wird
diese schulzische Pro-Kirchen-Kampgane bewirken? Wählen dann Kirchenmitglieder
nicht nur nicht AfD, sondern auch nimmer CDU/CSU, sondern die heilige SPD, die
allerchristlichste Partei wo gibt? Und was wählen die Säkularen und religiös Desinteressierten,
wenn sie diese unfassbar dumme und abscheuliche Verdammungsbotschaft vom Schulz hören?
Werden die dann - angestiftet vom Schulz - vielleicht sogar die AfD wählen,
um diesem Trottel was z'Fleiß zu tun!
PS: Politiker darf
man laut Europäischem Menschenrechtsgerichtshof "Trottel" nennen,
wenn sie es sich mit ihren Äußerungen verdienen - im Urteil
in der Trottel-Sache Jörg Haider (GZ Bsw20834/92) wurde angeführt, dass der
Schutz des Art. 10 der Europäischen
Menschenrechtskonvention - Freiheit der Meinungsäußerung - auch gegenüber solchen Meinungen
gelte, "die den Staat oder
einen Teil der Bevölkerung verletzen, schockieren oder beunruhigen."
Der Artikel 10 wäre daher durch die Äußerung "Trottel"
nicht überschritten worden, denn im Zusammenhang zu damaligen Äußerungen
von Jörg Haider erschien dieses Wort als verhältnismäßig im
Vergleich zu der von diesem zu erwartenden Entrüstung über diese Wortwahl.
Also
den SPD-Kandidat Martin Schulz darf man "Trottel" heißen, weil diese Meinungsäußerung
ist wohl verhältnismäßig gegenüber seiner unfassbaren und abscheulichen Meinungsäußerung,
es sei "unfassbar und abscheulich" für den Kirchenaustritt zu
werben...