Die brisante Studie Die "Flüchtlingskrise" in den Medien (Otto Brenner Stiftung OBS) zieht Kreise. Die OBS-Analyse der Flüchtlingsberichterstattung läuft auf scharfe Kritik an den Leit- und Mainstreammedien hinaus: Die Medien hätten Polit-PR für die etablierten Parteien getrieben, und ein medialer Diskurs mit den hauptsächlich Betroffenen fand nicht statt. Dieser Artikel befasst sich mit Kommentaren zu dem heiklen Thema.
Die bei OBS genannten Zeitungen haben alle ziemlich objektiv über die
Studie berichtet – bloß so, dass man's nicht findet. Deshalb hier die
Links zu den Artikeln:
Flüchtlingskrise – Studie rügt Zeitungen (Süddeutsche Zeitung 20.7., ein ganz knapper Artikel, keine Kommentare)
"Willkommenskultur" – Wie Medien über die Flüchtlingskrise berichteten
(Frankfurter Allgemeine Zeitung 21.7., 2 Seiten, keine Kommentare).
Hier wird argumentiert, man könne die Gästemeinungen bei der Wertung
nicht weglassen, sie zählten irgendwie mit (trotz standardmäßiger
redaktioneller Distanzierung).
"Willkommenskultur verklärt" – Studie bemängelt "unkritische"
Berichterstattung in Flüchtlingskrise (Die Welt 21.7., 1 Seite, >700 Kommentare)
Weniger Kritik traf die Zeit, sie wurde in der Studie
zumindest nicht namentlich genannt. Gelobt wurden die ausländischen
Medien, zumal die Neue Züricher Zeitung, die schon 2015 Kritik an der
deutschen Berichterstattung übte und damit einiges von der OBS-Studie
vorwegnahm:
Flüchtlinge in den Medien: Mit dem Strom (ZEIT ONLINE 19.7., 2 Seiten, >1000 Kommentare)
Deutsche Medien – Minenfeld Migration (NZZ 16.6.15): Die
Journalisten in Deutschland informieren breit und vielfältig über die
Migration. Ihre Berichterstattung hat allerdings blinde Flecken.
Flüchtlingswelle – Berichterstatter als Stimmungsmacher (NZZ 19.9.15): Angesichts
der Flüchtlingswelle haben die Medien, besonders in Deutschland, die
kritische Distanz verloren. Die Berichterstattung geriet zur Kampagne.
Weil die Leserkommentare der Zeit das Niveau von den Kommentaren bei der Welt überflügeln, soll dort geforscht werden. Die Inhalte der Kommentare werden im Überblick frei referiert (in Sperrschrift), beginnend mit etwas, das die bessere Aufstellung der NZZ bekräftigt:
Mittlerweile habe die NZZ sogar einen Newsletter für explizit
deutsche Leser in ihr Angebot aufgenommen, weil die Nachfrage nach einer
objektiven Sichtweise seit 2015 regelrecht explodiert sei.
Lob gab es vor allem für die Äußerung der Kritik. Viele Leserstimmen dankten der Zeit für die neutrale Berichterstattung über die OBS-Studie. Die Besinnung auf journalistische Tugenden kam zwar nicht von den Redaktionen, sondern von der OBS, aber immerhin.
Die neutralen und verständnisvollen Kommentare waren in der Minderheit,
Kritik hagelte es für die Journalisten, Stichworte
"Hofberichterstattung", "Rudeljournalismus", "Volkserzieher",
"Gesinnungsingenieure", "betreutes Denken", "moderne Propaganda" und
"Alpenprawda" (letzteres für die SZ). Was wäre anders, wenn die
Berichterstattung nicht so einseitig gewesen wäre? Dann wären die Grenzen schneller zugemacht worden, besagt die nicht von der Hand zu weisende Logik, und: Das
war ein Versagen des Journalismus' auf breiter Front, der uns noch mal
teuer zu stehen kommen wird, gesellschaftlich, ökonomisch und sozial.
Dazu der Wunsch nach weiterer Aufklärung: Jetzt bitte eine Untersuchung des Rudeljournalismus' in Sachen Russland, Ukraine, Syrien … und ESM … und Target … und Feminismus … und Trump.
Und ziemlich witzig anderes grundsätzliches: Warum nur kommt mir
beim Lesen dieses Artikels ganz spontan "Bitte verzichten Sie auf
Unterstellungen und überzogene Polemik" in den Sinn? (Das schreibt die Zeit, wenn sie Kommentare löscht.) Ja, bestätigt ein anderer Kommentar, Andersdenkende
wurden auch hier öfter mal wegen "polemischen Äußerungen" einfach
gesperrt bzw. deren Kommentare gelöscht; andere Zeitungen haben gar
nicht erst Diskussionen im Onlinebereich zugelassen (z.B. die
Süddeutsche).
Und weil die Redaktion von ZEIT ONLINE (ZON) gegenhielt "keine einseitige Löschpraxis": Vielleicht sollten Wissenschaftler die gelöschten Kommentare auf ZON untersuchen. Weiter: Ich schlage mal eine Studie gelöschter Kommentare vor. Da bekommt der manische Drang zur Volkserziehung auch ein Gesicht.
Die Kommentatoren sehen sich untereinander bestätigt: Häufig hab
ich die Artikel gelesen und mit den Kopf geschüttelt, dann aber in der
Kommentarsektion gesehen, dass es doch noch kritisch denkende Menschen
gibt. Aber: Die Kommentarfunktion wird bei der FAZ (und erst recht beim Spiegel) leider sehr selektiv an- und ausgeschaltet, wenn es um "kritische" Themen geht…
Nicht nur in den vielgebashten Visegrád-Staaten,
sondern auch in Frankreich, der Schweiz, auf den britischen Inseln und
in Dänemark dominiert eine komplett andere Sicht der Öffentlichkeit auf
die sog. Migrationskrise.
In Deutschland dauerte es länger, bis die andere Sicht als stubenrein galt. Vorher galt: Wenn
man sich damals kritisch äußerte über die Art und Weise der Aufnahme
und darüber, dass es natürlich Grenzen gibt, wieviele Flüchtlinge ein
Land aufnehmen kann, wurde man plötzlich in die rechte Ecke gestellt. Jetzt gilt eher: Trotzdem muss ich zugeben, dass nach und nach in etlichen Zeitungen auch ein Umdenken stattgefunden hat. Zustimmung dazu: Nach
meiner Erinnerung hielt die Übereinkunft (?), ausschließlich positiv
über die Flüchtlingssituation zu schreiben, bis zum Jahresende 2015.
2016 gingen dann die Springer-Blätter und die FAZ langsam von der Fahne.
Als Ursache für die Ideologisierung von großem Ausmaß wird das Zusammenspiel mit rechter Randale, rechtem Terror und Brandstiftungen gesehen: Die
Journalisten sahen sich als Frontlinie gegen rechts und als
Schutzschild des politischen Establishments und haben damit ihre
kritische, neutrale Rolle verloren. Oder auch: Die Haltung der Medien damals ist vor dem Hintergrund übler Nachrede gegenüber Flüchtlinge entstanden. Das Bonmot dazu: Die Journalisten kontrollieren nicht mehr das Handeln der Politik, sie kontrollieren das Denken der Bürger.
Kritik daran: Man blickt zurück auf zwei Jahre Gehirnwäsche und
Sprachregulierung, Leserverblödung und Wortvorgaben: Als die Flüchtlinge
selbst das Wort "Flüchtlinge" diskreditiert haben, nannte man sie
"Geflüchtete" – daraus wird im nächsten Jahr "Hilfesuchende" … In der
Zwischenzeit werden die Begriffe Asyl, Flucht und Migration nach
Belieben durcheinander geworfen.
Es geht nicht nur um die Printmedien und das TV: Die wesentlichen Elemente der Meinungsbildung finden sich heute in den Sozialen Medien und Internet. Der Vergleich: Meinungsbildende Publikationen in der BRD (sind)
sich nicht zu schade, Filterblasen im Internet zu beklagen, aber selbst
– numerisch nachweislich – als eine veritable solche zu agieren.
Aber allgemein gilt: Im Jahr 2015 haben viele journalistische Produkte eine Art Gehirnwäsche mit Ihrer Leserschaft veranstaltet. Schlimmer noch: Und da es keine Strafe für Fake News von großen Medien gibt, wird das immer und immer wieder passieren.
Die meisten (Medien) haben versagt, und zwar schon lange,
bevor die Massen nach Deutschland kamen. Wo waren die Berichte über das
Elend in den Flüchtlingslagern im nahen Osten, über die Reduzierung der
UNO-Hilfen etc.? Die Medien haben genauso versagt wie unsere Regierung
(und viele weitere Regierungen).
Noch grundlegender: Wenn man z.B. solche Zeit-Artikel aus der
besagten Phase liest, dann wird schnell klar, dass es gar nicht darum
ging, sich nur ansatzweise kritisch mit den Folgen auseinanderzusetzen,
sondern: Flüchtlinge gehen wohin sie wollen, und wir haben das zu
akzeptieren = Kontrollverlust ist irgendwie Humanität.
Was sich in den Diskrepanzen zwischen Berichten und tatsächlicher Lage niederschlägt:
Was ist außerdem mit den vielen gedruckten Lügen über den Bildungsstand
der Flüchtlinge, die Behauptung, Flüchtlinge würden die Rente sichern,
oder eine ehrliche Kriminalitätsstatistik? Immerhin erspart man sich
inzwischen völlig irrationale Artikel über die Kulturbereicherung, die
ja von vielen Bürgern längst tagtäglich als kulturelle Entreicherung
empfunden wird. Wo bleiben die Artikel über die auch vom
Flüchtlingsstrom mitverursachte Wohnungsknappheit und steigende Mieten?
Wo die Artikel über die katastrophalen Auswirkungen auf das
Bildungssystem und die Sozialsysteme?
Und: Wie bekommen wir die mittlerweile unbestreitbaren Folgen (30
Mrd. pro anno, signifikant erhöhte Kriminalität, erloschenes
Sicherheitsgefühl, additive Langzeitarbeitslosigkeit, fehlender
Wohnraum, überlastete Tafeln, überlastete Polizei, streitbare
Religiösität, Machokultur und Ablehnung der Regeln unseres
Zusammenlebens usw.) in den Griff?
Und: Es fing schon mit der Auswahl der Bilder an. Große
Kinderaugen, Familien, Frauen mit Kindern allerorten. Schöne Bilder
waren das. Wer dann auf youtube oder ausländischen Newssendern endlose
Schlangen junger Männer oder randalierende Youngsterhorden sah, die
wütend einen Steinregen auf mazedonische Grenzpolizisten prasseln
liessen, musste sich schon fragen, ob es sich möglicherweise um zwei
völlig verschiedene Flüchtlingswelten handelte -von denen eine
Deutschland nie erreichen würde…
Eine unbelegte, aber plausible Einlassung: Nicht umsonst wurden im
Herbst 2015 viele hochrangige Medienvertreter (einschl. ARD u.ZDF) ins
Kanzleramt geladen, um sie letztendlich auf Regierungslinie zu bringen.
Das, was damals vehement abgestritten wurde, und zur Zensur
entsprechender Beiträge führte, wird nun durch diese Studie im Prinzip
bestätigt.
Mit schwerwiegenden Auswirkungen: Es gab von Anfang an keinen
offenen Diskurs über die Problematik. Und jetzt, wo allmählich die
ganzen Konsequenzen in ihren Auswirkungen deutlich werden wie
Wohnprobleme, Schulprobleme, Überlastung von Polizei und Justiz, 250.000
Asylklagen bei den Verwaltungsgerichten, Mangel an
Integrationsangeboten, Mangel an Arbeitsplätzen, explodierende
Sozialkosten mit 420.000 neuen Hartz-4-Beziehern, fängt jetzt der große
Katzenjammer an, und niemand will es gewesen sein.
Immerhin wird drüber geredet: Selbst hierzulande kommt man vor Wahlen nicht ganz drum herum, auf die Wünsche der Bevölkerung zu reagieren.
Das führt zu Wahlspekulationen in der Richtung, dass die FDP ins Spiel
gebracht wird, denn die AfD ist unwählbar, und die CDU auch:
Das Problem ist, Frau Merkel ändert oft radikal ihre Meinung, und
die Medien haben dann zu tun, um daraus wieder etwas Positives zu
machen: Hätten die Medien die Politik von Frau Merkel damals als richtig
befunden, müssten die Medien Frau Merkel heute massiv für ihre Wende
kritisieren. Das tun sie nicht.
Nochmal ganz deutlich: Nur hätte Merkels Kehrtwende dann auch zu
einer Kehrtwende bei der Bewertung des Regierungshandelns führen müssen.
Das ist bis heute nicht der Fall.
Im Gegenteil: Merkel, die das alles eingebrockt hat, wird heute von
ZEIT und Co. wieder so verehrt wie weiland, als sie als als oberste
Volkserzieherführerin und Mutter Theresa aller Flüchtlinge in
Personalunion auftrat. Eine enorme Leistung: Beachtlich finde ich, dass Merkel es geschafft hat, ihre Politik auch der Presse als alternativlos zu verkaufen.
Auch wenn die Folgen Brexit, Aufkommen von AfD und Rechten in
Frankreich thematisiert werden. Gegen den Trend äußert sich eine
Einzelstimme: Die Ablehnung von Zuwanderung speist sich auch bei
eingehender Betrachtung ausschließlich aus dumpfen Ressentiment
&/oder mangelnder aufgeklärter Moral.
Wie auch immer, die Studie ändert nichts mehr: Zum Glück lässt sich
der angerichtete Schaden, der ja genau genommen ein Erfolg war, nicht
mehr rückgängig machen, so dass wir nun mit demokratischem Brustklopfen
unsere Fähigkeit zur Selbstkritik zeigen können – dies um so mehr, als
irren ja ohnehin menschlich ist.
Niemand spricht von den Untaten der (immer noch) real tätigen
Verursacher dieser Flüchtlingsströme …, derjenigen, die (immer noch)
kriegerisch tätig sind, jedoch leider keinerlei Verantwortung für die
Folgen ihres "Agierens" übernehmen.
Davon abgesehen: Das größere Problem sind Fabriken der
Desinformation, ob sie sich nun in North Carolina, London oder Israel
befinden. Die zielen auf deutsche und europäische Medien. Und das
klappt. Von der "taz" bis zur "Welt" – ein Unisono, was die Ukraine
betrifft. Oder Syrien: Als man die Aufständischen als die Guten und die
anderen als die Bösen dargestellt hat. Dabei waren weder die einen noch
die anderen gut oder böse. Wir leben mit so vielen Lügen.
Lüge, und auch Erpressung: "Die Willkommenskultur sei zu einer Art
von Zauberwort verklärt worden, mit dem freiwillig durch den Bürger zu
erbringende Samariterdienste moralisch eingefordert werden konnten." Der
Kommentator liebt diesen Satz, da er nichts anderes heisst, als dass
unsere Medien den Bürger moralisch erpresst und zum Opfer der vollkommen
verfehlten Politik gemacht haben.
Schlichtes Fazit: Eine nüchterne, neugierige, offene,
unvoreingenommene und an analytischer Aufbereitung interessierte
Berichterstattung wurde einem selbsterklärten und präemptiv geführten
"Kampf gegen rechts" geopfert.
Wo sind eigentlich jetzt die einschlägigen Foristen, denen in den letzten zwei Jahren die Nazikeule immer so locker hing? Die melden sich nicht mehr, und dazu der vielfach wiederholte Hinweis: Was viele bereits geahnt haben, muss erst von Studien belegt werden, bis es in der Öffentlichkeit eine Diskussion geben kann.
Nochmal anders: Das alles hätte man auch ohne Studie merken können. Entgegnung: Hat man auch. Jedenfalls wir Leser haben es ja bemerkt und auch thematisiert.
Die positive Sicht: Endlich beginnt hier die Aufklärung! Und: Man fühlt sich rehabilitiert. Mit der Erkenntnis: Die Studie scheint inhaltlich der Mehrheitsmeinung der Leserkommentare übereinzustimmen. Und sie wird wichtig genommen: 500 Kommentare in 2,5 Stunden ist eigentlich auch schon recht aussagekräftig.
Aber sie gehört wohl unter die Rubrik Nestbeschmutzung, denn sie findet sich nicht in der Zeit-Rubrik meistkommentiert: Sehr
bezeichnend ist, dass dieser Artikel bestmöglichst versteckt wird und
nicht einmal unter "meistkommentiert" zu finden ist, obwohl er weit über
1000 Kommentare hat (der nächste liegt bei rund 600)!
Die große Frage zum Abschluss (Reihenfolge von wb): "Praktizierten deutsche Redaktionen also einen Dampfwalzenjournalismus, der sich am Ende selbst plättete?" Mit der trüben Antwort: Chapeau für diesen Bericht, nur wird er nichts verändern, da die Politik die begangenen Fehler nicht korrigieren wird.