Von der Burschenschaftlergroteske um die am 28.1.2018 abgehaltene Landtagswahl
in Niederösterreich profitierte die ÖVP, wie hier zu sehen ist:
Die
ÖVP erreichte fast 50 % und gewann gegenüber der Nationalratswahl
von 2017 immerhin 14 % hinzu und gegenüber den Umfragen vor der heurigen
Landtagswahl knapp fünf Prozent. Die FPÖ erreichte zwar ein Plus von
6,55 % gegenüber der Wahl von 2013, die Umfragen hatten aber auf 19 % geschätzt
und bei der NRW 2017 hatten die Freiheitlichen um über elf Prozent mehr
als jetzt bei der LTW.
Die Aufdeckung in Sachen Burschenschaftlergesang
kam von der linken Seite, es war der FALTER, der sich ein Exemplar des Liederbuches besorgen konnte,
das laut eines ORF-Berichtes nur eine Auflage von fünfzig Stück hatte
und nur innerhalb der Burschenschaft "Germania Wr. Neustadt" (70 Mitglieder)
vertrieben wurde. Im FALTER wurde auch darauf hingewiesen, dass in diesem Gesangsbuch
ein Lied der Luftwaffeneinheit "Condor" abgedruckt war, die durch
die Bombardierung von Guernica "berühmt" wurde, das war die erste
massive Vernichtung ziviler Bereiche durch Flächenbomben, hier dazu das
bekannte Bild von Genossen Pablo Picasso:
(Wikimedia
PD gem. CC BY-SA 3.0)
Aus dem Liedtext: "Wir sind deutsche Legionäre,
die Bombenflieger der Legion, im Kampf um Freiheit und Ehre, Soldaten der Nation."
Im
Liederbuch ist auch "Auf Kreta im Sturm und im Regen, da steht ein Fallschirmjäger
auf der Wacht", eine Art Hymne dieses Zweiges der deutschen Wehrmacht, gesungen
wurde das aber auch im österr. Bundesheer noch bis in die 1970erJahre!
Aber
es ging um das Lied "Es lagen die alten Germanen zu beiden Ufern des Rheins",
unter Verwendung eines alten Trinkliedes wurde 1939 eine Art NS-Spaßgesang
geformt, z.B. steht dort: "Nun trat in ihre Mitte ein alter Araberscheich,
der sprach zu den alten Germanen: Wann kehren wir heim ins Reich?"
Die
heutigen Herausgeber des Liedes ließen es zu, in selbem Stil weiter zu
dichten und so waren dann auch diese Zeilen zu lesen: "Da trat in ihre
Mitte der Jude Ben Gurion: Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte
Million."
Man hat nach Angaben der Burschenschaftler diese Zeilen
inzwischen geschwärzt, welcher Geist solche Reime in den Neunzigerjahren
noch als lustig empfinden konnte, ist wohl deutlich erkennbar. Auch wenn Udo
Landbauer, der FPÖ-Spitzenkandidat bei den nö. Landtagswahlen das
selber nicht gedichtet oder ins Liederbuch eingebaut hat, weil er damals altersmäßig
noch gar nicht Mitglied sein konnte. Dass er davon nie was gehört hätte,
hat keine hohe Wahrscheinlichkeit, aber es wird ihn wohl auch wenig bekümmert
haben und durch das Schwärzen der Zeilen, die Sache als erledigt betrachtet
haben, wenn er sich darüber überhaupt Gedanken gemacht hat...
Das
Resultat war jedenfalls, dass durch vermeintliche linke Hilfe für SPÖ
und Grüne die Differenz zwischen Umfragen und Wahlresultat fast allein
die ÖVP von der FPÖ konsumieren konnte, es blieb sozusagen alles
im gemeinsamen Koalitionshaushalt. Die Grünen kassierten von der SPÖ
einen Teil derer negativen Differenz zu den Umfragen. Ersichtlich ist auch,
dass bei der NRW ein deutlicher Prozentsatz der jetzigen ÖVP-Wähler
die FPÖ gewählt hat, aber das war ja schon in den Neunzigerjahren
unter Jörg Haider auch so gewesen (LTW 1998, ÖVP 45 %, FPÖ 16
%, NRW 1999, ÖVP 33%, FPÖ 23 %)...
Zu den Wahlanalysen lässt noch vermerken, dass die Wählerströme
zwischen den Parteien im Vergleich zur LTW 2013 keine dramatischen Tendenzen
aufwiesen, hier die Aufteilungen nach Geschlecht und Alter:
Auffällig
ist der hohe Anteil der Übersechzigjährigen bei der ÖVP und das
deutliche Überwiegen weiblicher Wähler bei der SPÖ und der Männer
bei der FPÖ.
Aufteilung nach Tätigkeitsbereichen:
Wie
gewohnt: die Arbeiterpartei heißt FPÖ, auffällig, dass hier
nicht die SPÖ, sondern die ÖVP die Pensionistenpartei ist, wie üblich:
Arbeiter wählen nicht grün, das tun gut situierte Angestellte und
Lehrer und Selbstständige in akademischen Berufen, weil die haben dann
auch die Möglichkeit, sich ständig durch gutmenschliches Handeln selber
aufzuwerten.
Und noch eine Tabelle, Erwerbszugehörigkeiten nach
dem Bevölkerungsanteil:
In
der ersten Tabelle ist die jeweilige senkrechte Summe 100 %, in dieser ist es
die Summe der Quersummen. Die größte Bevölkerungsgruppe mit
knapp 40 % sind die Angestellten und Beamten, die zweite Gruppe gehört
mit etwas über 36 % zum Bereich der Ruheständler, der Arbeiterbereich
liegt bei gut 16 %, die Selbstständigen bei 8,5 % (Nichterwerbstätige
wurden analog eingerechnet). Auffällig ist darum,
dass in Niederösterreich bei Landtagswahlen die ÖVP mit 23 % Stimmen
der Unselbständigen deutlich vor der seinerzeit als Interessensvertretung
für diese Gruppe gegründeten SPÖ liegt, die nur 16 % erreichte, die
FPÖ liegt mit 13 % nicht weit dahinter. Es wäre darum für
die SPÖ hilfreich, wenn sie einmal intensiv darüber nachdenken täte,
wozu sie überhaupt gegründet wurde, im neoliberalen Zeitalter gäbe
es schließlich genug zu tun für eine sozialdemokratische Partei.
Erinnert
sei dazu wieder an die Feststellung von Robert Pfaller in seinem Buch
über die "Erwachsenensprache": "Die neue Rechte erstarkt schließlich nicht etwa deshalb, weil die
Sozialdemokraten linke Politik machten, sondern eben darum, weil sie seit langem
keine mehr machen." Diese Landtagswahlen sind dafür wieder ein
deutlicher Beweis: die vermeintlich linke Kritik am Spitzenkandidaten der
FPÖ hat den vermeinlich linken Parteien gar nichts gebracht, es wurde nur
von der FPÖ zur ÖVP umverteilt. Kritik an ein paar vorvorgestrigen
Schwachköpfen im FPÖ-Umfeld hat keinen Nutzen für die arbeitende
Klasse, genauso wenig wie das Binnen-I einen Nutzen gegen die schlechten Lohnverhältnisse
in den Branchen mit hohem Frauenanteil hat.
Es müsste eben im Alltag der arbeitenden Bevölkerung eine
Politik für ihre Interessen erkennbar werden, das hätte dann auch
eine gesellschaftspolitisch als links wahrnehmbare Wirkung und die Umverteilung
der Wählerstimmen nach rechts könnte gestoppt
und schließlich umgekehrt werden. Denn schließlich
sind die neoliberalen Ausbeutungsmethoden das große
gesellschaftspolitische Problem. Aber das ist politisches
Brachland...