Titel:
Dietz: Die Bibel ist nicht in allen historischen Fragen
irrtumslos
Untertitel:
Der Marburger Theologe Thorsten Dietz und der
Internetblogger Markus Till im Streitgespräch
Idea:
Die Bibel sollte nicht in allen historischen, geologischen und biologischen
Fragen als irrtumslos angesehen werden. Diese Ansicht vertritt der Professor
an der Evangelischen Hochschule Tabor, Thorsten Dietz (Marburg), in einem Streitgespräch
auf Einladung der Evangelischen Nachrichtenagentur idea (Wetzlar). Er diskutierte
mit dem promovierten Biologen und Internetblogger Markus Till (Weil im Schönbuch)
über das richtige Verständnis der Heiligen Schrift. Dietz zufolge
kann man den biblischen Autoren kein modernes Geschichtsverständnis unterstellen.
Althistoriker zeigten, dass es in der Antike erst allmählich zu einer klaren
Unterscheidung von geschichtlich, vorgeschichtlich und legendarisch gekommen
sei.
Atheistische Anmerkung: Über die Evangelische Nachrichtenagentur
idea heißt es auf Wikipedia: "Sie informiert die Medien vorwiegend
über die Evangelikale Bewegung und die evangelikale Einschätzung kirchlicher
und säkularer Vorgänge und dient ebenso der Kommunikation innerhalb
des evangelikalen Bereichs." Es gibt also sogar unter Evangelikalen schon
Leute, die Irrtümer in der Bibel vermuten dürfen! Es ist ja klar,
dass die Bibel keine wissenschaftliche Menschheitsgeschichte darstellt, denn
Götterbeschreiber sind immer Produkte ihrer Epoche, darum waren die Bibelverfasser
z.B. eben der Meinung, die Erde sei eine Scheibe und werde von der Sonne umkreist.
Dietz:
"Wir sollten die Autoren der Bibel nicht auf Fragen festnageln, die sich
ihnen nie gestellt haben. Damit verfehlen wir den Sinn der Texte." So sei
die Sintfluterzählung "theologisch großartig" und enthalte
"tiefe Wahrheit". Die Vorstellung, dass vor etwa 5.000 Jahren die
ganze Menschheit auf acht Personen reduziert wurde, lehne er jedoch ab. Dies
schiebe dem Bibeltext eine Bedeutungsabsicht zu, die er nicht gehabt habe.
Atheistische
Anmerkung: In Wikipedia werden als Hintergrund der Sage von der Sintflut
u.a. mögliche Wasserkatastrophen angeführt, z.B. diese:
"Nach langjährigen Forschungen entwickelten 1997 die US-amerikanischen
Marinegeologen Walter Pitman und William Ryan die Theorie, die Sintflut gehe
auf einen Wassereinbruch in das Schwarze Meer zurück. Nach ihrer Ansicht
hat dieser stattgefunden, als nach dem Ende der letzten Eiszeit durch das Abschmelzen
der Gletscher alle Meeresspiegel weltweit anstiegen und damit sich auch der
des Mittelmeers hob und etwa im 7. Jahrtausend v.u.Z. das Niveau des Bosporus
erreichte. Innerhalb kurzer Zeit hat sich so der Wasserspiegel in der Senke
um mehr als 100 Meter erhöht."
Dass daraus die Sage von der
Vernichtung der gesamten Menschheit entstanden sein kann, hängt natürlich
mit der Kleinheit der damaligen Welt zusammen: wenn Überlebende der
Katastrophe am Schwarzen Meer danach in den Nahen Osten zogen und ihre Geschichte
erzählten, kann daraus eben im Laufe der Jahrhunderte diese Mär vom
Weltuntergang entstanden sein! Und dass das eine theologische Großartigkeit
wäre, ist doch wohl leicht übertrieben: Gott strafte die Menschen
mit einem nahezu vollständigen Holocaust, da sind ja vergleichsweise die
blutigsten Diktatoren nicht so bösartig gewesen!
Dietz: "Die
zentrale Wahrheit der Sintflut-Geschichte liegt in ihrem Gottes- und Menschenbild:
Die Menschen sind böse von Jugend auf und wenden sich von Gott und voneinander
ab. Gott nimmt diese Abwendung radikal ernst und wagt dennoch in bedingungsloser
Treue zur Menschheit einen neuen Anfang." Der Anschein von Fehlern in der
Bibel entstehe nur, wenn man diese an naturwissenschaftlichen Maßstäben
messe. Die Bibel zeige das Weltwissen der damaligen Zeit. So habe einst Spanien
als Ende der Welt gegolten (Römer 10,18; 15,24.28) und die Erde als jung
und flach.
Atheistische Anmerkung: Die bösen Menschen waren
allerdings laut Bibel deshalb so böse, weil sie der HErr mit der "Erbsünde"
bestraft hatte, weil Eva & Adam im Paradies sündhaftig Früchte
vom verbotenen "Baum der Erkenntnis" gegessen hatten, die beiden deswegen
aus dem Paradies vertrieben wurden und alle ihre Nachkommen erbsündig auf
die Welt kamen. Was heißt: der Grund der Sündhaftigkeit war Gott,
der HErr, der die Menschen entsprechend präpariert hatte. Aber das zieht
der Herr Dietz natürlich nicht in seine Betrachtungen ein, da sind die
bösen Menschen die Alleinschuldigen. Aber immerhin: man dürfe die
Bibel nicht an naturwissenschaftlichen Maßstäben messen und die Leute
haben damals eben noch nix Wissenschaftliches gewusst, die Erde war jung und
flach!
Till: Nicht die Irrtumslosigkeit der Heiligen
Schrift verwerfen - Dietz Äußerungen stießen auf die Kritik
von Markus Till. Er warf Dietz vor, die Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift
zu verwerfen. Das Verständnis der Bibel als unfehlbares Wort Gottes sei
wichtig. Diese Sicht finde sich bei Jesus, beim Kirchenvater Augustinus (354-430),
beim Reformator Martin Luther (1483-1546) oder auch in einer gemeinsamen Erklärung
der römisch-katholischen Kirche mit der Weltweiten Evangelischen Allianz.
Atheistische
Anmerkung: Da hat er aber Pech, der Herr Till, weil es ist eben Faktum,
dass bei allen Göttergeschichten die Götter gleich bescheiden gebildet
wie ihre Erfinder waren. Da war die Welt eben der Mittelpunkt von allem, die
Erde war eine vom Firmament überwölbte Scheibe, die von der Sonne
umkreist wurde. Und das hat auch heute noch irrtumslos zu sein bei einem Evangelikalen!
Weil das ist schließlich bei Jesus, Augustinus und Luther auch so gewesen!
In der erwähnten gemeinsamen Erklärung heißt es in Punkt 27
einleitend: "Wir sind uns einig, dass die Heilige Schrift das inspirierte
Wort Gottes und daher die wahre, unveränderliche Offenbarung Gottes ist."
Dann wird fortgesetzt: "Was die Irrtumslosigkeit der Schrift (..) betrifft,
mit der wir freudig übereinstimmen, wünschen wir uns eine Klärung
darüber, was diese Position der Irrtumslosigkeit impliziert und was sie
in Bezug auf die Herausforderungen durch die moderne historisch-kritische Methode
bedeutet, die gegenwärtig einige Ausleger der katholischen Kirche zu favorisieren
scheinen."
Also ganz überein stimmt man nicht, weil bei kreationistischen
Evangelikalen ist die Bibel voll wörtlich zu nehmen, da hat Gott die
Welt am 23. Oktober 4004 v.u.Z. geschöpft, am 28. Oktober schuf der HErr
den Menschen und am 29. 10. ruhte der HErr, weil das vermutlich ein Sonntag
war.
Till: Zwar sei der Sintflut-Bericht keine naturwissenschaftliche
Abhandlung, die Autoren des Neuen Testaments hätten jedoch die Urgeschichte
von Schöpfung, Sündenfall und Sintflut offenbar historisch ernst genommen.
So würden die Geschlechtsregister bis auf Adam zurückgeführt
(Lukas 3,23-38) und Jesus Christus spreche von Ereignissen "in den Tagen
Noahs" (Lukas 17,26). Zudem werde die Sintflut-Geschichte sehr detailreich
mit Zeit- und Maßangaben beschrieben. Dies passe nicht zu einer rein symbolischen
Geschichte. Dietz verwerfe die Geschichtlichkeit der biblischen Urgeschichte
letztlich aus naturwissenschaftlichen und nicht aus exegetischen Gründen.
Der aktuelle Stand wissenschaftlicher Erkenntnis könne aber nicht der letzte
Richter über die Aussageabsichten der Bibel sein.
Atheistische
Anmerkung: Dass die Bibelverfasser irgendwelche Überlieferungen für
ihre Darlegungen verwendet haben, ist ja wohl selbstverständlich, weil
sie konnten ja nicht mit neuen Geschichten daher kommen, die noch niemand gekannt
hätte. Und was ihnen der Großvater erzählt hatte, musste ja
historisch gewesen sein und war daher ernstzunehmen! Die bei Lukas angeführte
Ahnenreihe umfasst 75 Generationen, wenn sich die jeweiligen Väter erst
mit etwas über 53 Jahren im Schnitt fortgepflanzt hätten, ginge sich
das Jahr 4004 v.u.Z. aus. Das hatte der irische Erzbischof James Ussher (1581-1656)
durch die Addition aller in allen Schriften der Bibel vorkommenden Ahnenreihen
errechnet und in seinen Annalen des Alten Testaments veröffentlicht:
Dummerweise
stimmt aber die Schöpfungsgeschichte nicht, sie dauerte nicht sieben Tage,
sondern knapp 14 Milliarden Jahre. Das glauben aber wiederum viele Evangelikale
nicht! Aber an die Maßangaben der Arche Noahs, an diese glauben sie! Denn
die Wissenschaft kann's nicht besser wissen als die Bibel!
Till
wandte sich ferner dagegen, die Historizität des Neuen Testaments,
etwa die Wundergeschichten Jesu, seine Auferstehung oder Pfingsten in Frage
zu stellen. Die ersten christlichen Zeugen hätten nicht nur theologische
Ideen verbreiten, sondern weitergeben wollen, was sie gesehen und gehört
haben. Wer dies abstreite, treffe den Kern des Christentums. Till: "Wenn
wir eine ideologisch verengte Bibelkritik, die gegenüber Wundern und Offenbarungen
grundsätzlich skeptisch ist, nun auch in der evangelikalen Bewegung unwidersprochen
verbreiten, werden die evangelikalen Gemeinden den gleichen Schaden erleiden
wie ich ihn in meiner evangelischen Kirche erleben muss."
Atheistische
Anmerkung: Das ist gut beobachtet! Den biblischen Unsinn zu hinterfragen,
das schadet dem Glauben! In der Bibel kommen so viele Wunder vor, die der
Jesus getätigt hat! Die müssen doch wahr sein! Warum es dann immer
wieder vorkommt, wenn ein Wunder zu genau örtlich und personell platziert
wird, dass dann der Jesus zu seinen Jüngern sagt, sie dürften das
nicht weitererzählen, hinterfragt ein Evangelikaler natürlich nicht.
Aber die Evangelisten waren vorsichtig gewesen: Auch wenn ihre Geschichten erst
Jahrzehnte nach ihrem angeblichen Geschehen niedergeschrieben wurden, hätte
es ja noch sein können, dass dann noch lebende Zeitzeugen sagen hätten
können, von der Wunderheilung oder von der Preisung des Jesus als Messias
und Gottessohn hätten sie nie was gehört, obwohl sie auch dort gelebt
hätten!
Aber es ist ja für die Kirchen letztlich egal! Religionssüchtige
werden sich wohl eher in glaubensstrammen Gruppen wohlfühlen, es gibt allerdings
heutzutage nimmer viele Leute von dieser Sorte, aber die Evangelikalen haben
dadurch trotzdem Wachstumschancen, weil sie ja in unseren Breiten kleine Gruppen
sind, in Österreich gibt's laut Wikipedia zurzeit in 70 Gemeinden ca. 5.000
Evangelikale. Die großen Kirchen verkaufen die biblische Geschichten nimmer
so recht als wahre Wahrheiten, weil sie sonst noch weitere Mitgliederfluchten
befürchten, aber das normale Verhältnis der nachwachsenden Generationen
zur Religion ist ein Mir-wurscht-Verhältnis! Da ist es dann eben auch wurscht,
ob die Bibel irrtumsfrei ist oder nicht!