Der tragische Tod des Jamal Khashoggi

Die folgenden Notizen 265 stammen aus

 

Dank seiner Arbeit mit arabischen Flüchtlingen kam unser Korrespondent in den Besitz eines Dokuments, welches die Umstände des tragischen Tods eines saudi-arabischen Journalisten endlich ins rechte Licht rückt.

Auf internationalen Druck und ganz gegen seine Überzeugung (und die Fakten) unterschrieb unser verehrtes Oberhaupt, Kronprinz Mohammed bin Salman, die ihm aufgedrängte Version, der Journalist sei im Verlauf eines Verhörs zu Tode gekommen.

Nichts ist weiter von der Wahrheit entfernt. In Wirklichkeit wollte Khashoggi, wie allgemein bekannt, demnächst heiraten (deswegen hatte er ja das Konsulat in Istanbul aufgesucht) und sich einen eigenen Haushalt einrichten. Dazu brauchte er bestimmte Wohnungs- und Gartengeräte. Da er, als saudi-arabischer Patriot, das gemeinsame Heim mit saudi-arabischen Produkten ausstatten wollte, wandte er sich an seine Bekannten in Saudi-Arabien, sie mögen ihm doch bitte ein paar Vertreter für Haushaltsgeräte schicken.

Das geschah dann auch, und da man um die Bedeutung des Herrn Khashoggi wusste, wurde gleich ein Team von 6 + 8 Männern zusammengestellt. Alle waren sie geschulte und erfolgreiche Staubsaugervertreter, und sie nahmen je ein Exemplar der von ihnen vertretenen Geräte mit, darunter Staubsauger, Geschirrspüler, einen halalen Teppichreiniger, sowie Geräte zur Bearbeitung des Gartens: Heckenscheren, Hacken, Kettensägen, und was man eben so im Garten braucht. Da Herr Khashoggi sich im Konsulat aufhalten würde, brachte man die Gerätschaft ins Konsulat, wo Herr Khashoggi auf seine Urkunden wartete, und wo ihm während der Wartezeit diese Geräte vorgeführt werden sollten.

Herr Khashoggi war über die Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wurde, sehr erfreut. Er bedankte sich bei den Männern, die ihre aufopferungsvolle Rolle zwar nur im Nebenberuf ausübten (man konnte davon allein nicht leben) und hauptberuflich für den saudi-arabischen Geheimdienst arbeiteten, aber das hat hier keine Bedeutung.

Bei der Vorführung der Geräte ging erst mal alles bestens. Herr Khashoggi freute sich kindlich über die Wirksamkeit des mitgebrachten Staubsaugers und scherzte, da könne er endlich seine gegen das saudi-arabische Königreich gerichteten Manuskripte zum Verschwinden bringen, sodass die anwesenden Männer sich nicht mehr darum bemühen müssten. Alle lachten herzlich über die selbstironischen Bemerkungen. Man sieht, die Atmosphäre war sehr entspannt.

Aber dann ging leider etwas schief. Bei der Vorführung einer automatischen Heckenschere beachtete Herr Khashoggi nicht die Sicherheitsvorschriften und drückte auf den Knopf, ohne seine Hand korrekt zu schützen. Dabei kamen die Finger der rechten Hand in die Säge und wurden versehentlich abgeschnitten. Herr Khashoggi fand das nicht amüsant und äußerte sich entsprechend lautstark über das Missgeschick. Ja, er verlangte sogar, seine draußen wartende Verlobte möge hinaufkommen und ihm die Hand verbinden, schließlich wäre sie gelernte Krankenschwester. Das konnten die Männer aber nicht erlauben, denn das Vorführen von Staubsaugern sei ausschließlich Männer vorbehalten, und das gelte auch fürs Publikum.

Was soll man sagen. Herr Khashoggi wurde renitent, die Männer wollten ihn zur Räson bringen, was nicht gelang. Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände kam die Kettensäge wieder in Betrieb und schnitt Herrn Khashoggi ein Bein ab. Das aber entsetzte die sensiblen Männer um ihn herum so sehr, dass sie in Panik gerieten und das Werk des unglücklichen Geräts versehentlich vollendeten.

Nun standen die armen Staubsaugervertreter da, mit den Stücken eines Mannes, der eigentlich nur sein Eheglück geplant hatte. Was tun? Einen öffentlichen Skandal wollten sie nicht riskieren, was hätten sie denn seiner Verlobten sagen sollen? Also packten sie, was von dem Journalisten noch übrig war, verstauten die Teile respektvoll in diversen Säcken (die sie immer dabei hatten, zur Entsorgung der Staubsauger-Staubbeutel) und schafften diese unauffällig außer Haus.

Der König hatte nun den Salat, den er ausbaden musste, wenn mir diese Metapher gestattet ist. Allerdings gab er sich mit einer Entschuldigung seiner Untergebenen nicht zufrieden, der Kettensägenvorführer wurde streng bestraft: Er musste die Kettensäge auf eigene Kosten reparieren. Mehr noch: Für ganze zehn Tage wurde ihm nicht gestattet, bei Audienzen mit dem König diesem ins Auge zu blicken - eine Strafe, die fast so schlimm ist wie öffentliches Auspeitschen. US-Präsident Trump, dem die wahre Version des Vorfalls vorgelegt wurde, meinte wohlwollend: Das klinge alles sehr glaubhaft; er selbst hätte sich auch mal beinahe einen Finger gebrochen, als er am Roulette-Tisch in Atlantic City die Geldchips zu schnell abgeräumt hätte.

Der trauernden Verlobten des Journalisten wurde in Aussicht gestellt, sie erhalte ihren verstorbenen Verlobten vollzählig zurück, alle Teile sauber in Alufolie verpackt. Seltsamerweise fand sie das gar nicht so erfreulich, wie es unser König gedacht hatte. Aber so sind die Frauen eben. Autofahren dürfen sie. Die Wohltaten unseres Herrschers würdigen können sie immer noch nicht.