Einleitend heißt es: "Ein Katholik aus der Diözese Linz
zahlt keine Kirchensteuer mehr - Linzer Generalvikar droht mit 'rechtlichen
Konsequenzen' beim Sakramentenempfang, doch selbst die eigenen Priester ignorieren
die Drohung - Offener Brief von N.N. an den Generalvikar"
Kirchensteuer
gibt's allerdings in Österreich nicht, die gibt's in Deutschland, dort
wird die Kirchensteuer auf dieselbe Weise wie die Lohn- und Einkommenssteuer
eingehoben. In Österreich heißt das "Kirchenbeitrag" und
den müssen alle zahlen, die getauft sind und nicht rechtzeitig bei der
Bezirkshauptmannschaft oder beim Magistrat den Kirchenaustritt kundgetan haben,
vom Austritt verständigt die Behörde dann das Wohnsitzpfarramt und
die Diözesanfinanzkammer.
Hier der offene Brief des Nichtmehrkirchensteuerzahlers:
Hochwürden, sehr geehrter Herr Generalvikar Lederhilger, vielen Dank
für Ihr Schreiben im Auftrag unseres Hochwürdigsten Herrn Diözesanbischofs
Dr. Manfred Scheuer. Ich bin zwar beileibe kein Jurist, habe aber versucht,
Ihren Brief, gespickt mit Verordnungen der Österreichischen Bischofskonferenz,
zu verstehen.
Soweit ich das herauslese, ist also nunmehr auch die österreichische
Kirchenleitung - wohl auf Druck der römischen "Zentrale" - inzwischen
zu der Auffassung gelangt, dass eine Abmeldung von der staatlichen Vereinigung
der Kirchensteuerzahler niemals der Grund für eine Exkommunikation sein
kann, zumal ich ja ausdrücklich erklärt habe, dass ich Mitglied der
Heiligen Römisch Katholischen Kirche bleibe.
Ich möchte hier
nur darauf hinweisen, dass meine Familie schon Jahrhunderte lang römisch-katholisch
war, bevor die Diözese Linz überhaupt ins Leben gerufen wurde. Und
selbstverständlich leiste ich auch meine Beiträge, wie das im Kirchenrecht
(can. 222 CIC) gefordert ist. Zu meinen Gewissensgründen, dass die Kirchenbeiträge
in der Diözese Linz missbräuchlich verwendet werden, z.B. im "Bildungshaus"
Puchberg, nehmen Sie in Ihrem Brief ja leider nicht Stellung. Darf ich das so
deuten, dass diese Gründe auch von Ihrer Seite außer Zweifel stehen?
Zu
der offenbar von der ÖBK so definierten "schweren Sünde",
für die "Untat", dass sich jemand bei der weltlichen Behörde
von der staatlichen Vereinigung der Kirchensteuerzahler abmeldet, mache ich
mir so meine Gedanken: Z.B. gibt es heute starke Bestrebungen, bisherige Todsünden
salonfähig zu machen. Man denke nur an Ehebruch, Homosexualität, Abtreibung
uam. Diese Sünder werden sogar oft genug dezidiert z.B. zur Hl. Kommunion
eingeladen (Beichte ist heutzutage eh‘ nicht mehr notwendig). Man hört
oder liest praktisch nirgendwo mehr (sei es Predigt oder Kirchenzeitung) von
einer Sünde, geschweige denn von einer schweren.
Tatsächlich führt
jedoch z.B. jede Beteiligung an einer Abtreibung automatisch zur Exkommunikation,
aber wer von den Gläubigen weiß das schon? Und jene, die es wissen,
verschweigen das, obwohl es ihre heilige Pflicht wäre, ihre Schäfchen
zu warnen. In der öffentlichen Wahrnehmung scheint somit die einzige
noch verbliebene "schwere Sünde" zu sein, wenn jemand - auch
wenn er es begründet - der Diözese die Kirchensteuer verweigert.
Nachdem
die Heilige Katholische Kirche das Geld ja jedenfalls erhält (wenn auch
nicht über die Kirchenbeitragsstelle), besteht diese "schwere Sünde"
eigentlich allein darin, sich bei der staatlichen Behörde von der Vereinigung
der Kirchensteuerzahler abzumelden? Hochwürdiger Herr Generalvikar, das
soll eine "schwere Sünde" sein? Mit Verlaub, das kann ich Ihnen
(und auch der ÖBK) einfach nicht glauben! Oder nehmen Sie das Beispiel
der klerikalen Kinderschänder, also jener homosexuellen Priester, die sich
an den ihnen anvertrauten kleinen Buben vergehen: Diese werden von der kirchlichen
Hierarchie einfach in eine andere Pfarre versetzt, wo sie ihr schändliches
Treiben fortführen können (vgl. Mt.18,6f u.a.)
Solche Taten werden
sogar von den staatlichen Gerichten schwerstens verurteilt! Aber auch sie werden
nicht exkommuniziert. Jedoch mich wollen Sie von der Kirche ausschließen,
weil ich mich beim Staat vom Club der Kirchensteuerzahler abgemeldet habe???
Erlauben
Sie mir noch ein Wort zu dem beigelegten Merkblatt "Der Kirchenaustritt
und seine Folgen":
1. Schon der Titel ist irreführend, weil es
sich ja im Falle der Abmeldung bei der politischen Behörde tatsächlich
eben um KEINEN Kirchenaustritt handelt.
2. Es heißt dann gleich im
zweiten Satz, wenn eine solche Abmeldung nicht "innerhalb einer bestimmten
Frist" (welcher Frist eigentlich?) widerrufen wird, wird sie doch als bewusste
Trennung von der katholischen Kirche gewertet!?!
Also doch eine Exkommunikation?
Ich habe doch ausdrücklich erklärt, ich bin und bleibe in der Kirche
und hier heißt es, ich hätte mich "bewusst" getrennt!?
Hochwürdiger Herr Generalvikar, was soll ich davon halten? Nach meinem
bescheidenen Dafürhalten widerspricht dieses "Merkblatt" damit
doch wieder den weltkirchlichen Vorschriften! Aber, in der österreichischen
Kirchenhierarchie scheint dieser Widerspruch niemanden zu stören - auch
keinen Kirchenrechtler. Es geht halt ums liebe Geld, und da hört sich die
Freundschaft eben auf.
3. Zu den angedrohten Sanktionen:
- Empfang der
Sakramente: Das soll also heißen, man lädt landauf, landab etwa Ehebrecher
und Homos zum Empfang der Hl. Kommunion ein, aber ein "schwerer Sünder",
der sich bei der staatlichen Behörde vom Club der Kirchensteuerzahler abgemeldet
hat, darf nicht einmal mehr zur Beichte gehen?
- Übernahme des Patenamtes:
Damit kann ich leben, das muss dann halt jemand anderer übernehmen.
-
Wahlrecht bei der PGR-Wahl: Nun, damit kann ich sogar sehr gut leben, ich bin
eh‘ kein Gschaftlhuber.
- Dienst in der Liturgie: Dafür sind ohnehin
die Priester zuständig.
- Recht auf kirchliches Begräbnis: Auch
wenn mir die österreichische Kirchenhierarchie dieses Recht verweigert,
findet sich hoffentlich noch ein gläubiger Priester, der mir diesen letzten
Dienst erweisen wird.
Trotzdem nochmals vielen Dank, dass Sie sich die Mühe
gegeben haben, mir zu schreiben!
Soweit der Brief!
Da es in fast allen Staaten solche Einrichtung
wie in Deutschland, Österreich und der Schweiz nicht gibt, also staatliche
eingehobene Kirchensteuern oder einklagbare Kirchenbeiträge, sind das in
der katholischen Weltkirche ausgesprochene Sonderfälle. Auf dieser Site wurde
2010 eine PDF mit dem Titel "Kirchenfinanzierungsmethoden"
platziert mit einer Übersicht zu den international
üblichen Methoden der Kirchenfinanzierung, das geht von der staatlichen
Finanzierung über Kultursteuern bis zur Eigenfinanzierung aus freiwilligen
Beiträgen und Spenden.
Die obige Vorgangsweise mittels staatlichen
Austritt und dem weiteren Bekenntnis zur Mitgliedschaft, den Kirchenbeitrag
einzusparen und trotzdem katholisch zu bleiben, ist kirchenrechtlich durchaus
möglich, was auf dieser Site auch schon zu lesen war.
Kirchenrechtlich
wird der Glaubensabfall nämlich so geregelt, gemäß Actus Formalis
Defectionis Ab Ecclesia Catholica, Geschäftszahl N. 10279/2006 gilt:
1.
Der Abfall von der katholischen Kirche muss, damit er sich gültig als wirklicher
actus formalis defectionis ab Ecclesia darstellen kann, auch hinsichtlich der
in den zitierten Canones vorgesehenen Ausnahmen, konkretisiert werden in:
a)
einer inneren Entscheidung, die katholische Kirche zu verlassen;
b) der Ausführung
und äußeren Bekundung dieser Entscheidung;
c) der Annahme dieser
Entscheidung seitens der kirchlichen Autorität.
2. Der Inhalt des Willensaktes
muss bestehen im Zerbrechen jener Bande der Gemeinschaft - Glaube, Sakramente,
pastorale Leitung -, die es den Gläubigen ermöglichen, in der Kirche
das Leben der Gnade zu empfangen. Das bedeutet, dass ein derartiger formaler
Akt des Abfalls nicht nur rechtlich-administrativen Charakter hat (das Verlassen
der Kirche im meldeamtlichen Sinn mit den entsprechenden zivilrechtlichen Konsequenzen),
sondern dass er sich als wirkliche Trennung von den konstitutiven Elementen
des Lebens der Kirche darstellt: Er setzt also einen Akt der Apostasie, Häresie
oder des Schisma voraus.
Der obige N.N. hat das genau so gemacht:
Amtlich den Austritt bekannt geben und der Kirche mitteilen, man sei nicht vom
Glauben abgefallen, sondern habe sich nur staatlich abgemeldet.
Unter
dem Titel "Kirchlich katholisch, staatlich bekenntnisfrei" wurde im
Jahre 2012 auf dieser Site darüber berichtet und dazu sogar für Leute
wie den Herrn N.N. eine diesbezügliche Austrittsvorlage auf der
Info "Kirchlich katholisch, staatlich bekenntnisfrei"
zum Downloaden angeboten!
Weil Atheisten sind ja hilfsbereite Leute!
In Österreich hat sich
die Bischofskonferenz seinerzeit darauf geeinigt, dass so eine Vorgangsweise
tatsächlich kein Abfall vom Glauben ist, aber eine schwere Sünde.
Also brauchen Leute wie der Herr N.N. nur einen Priester, der ihnen die schwere
Sünde vergibt, ohne ihnen eine staatliche Wiederanmeldung in der Glaubensgemeinschaft
vorzuschreiben...
Da es ja inzwischen auch eine kirchliche Regelung über den Kirchenaustritt (Glaubensabfall) gibt, siehe oben "Actus Formalis Defectionis Ab Ecclesia Catholica" (Formaler Akt des Abfalls von der katholischen Kirche), müsste ja der Austritt aus der katholischen Kirche auch direkt bei der Kirche möglich sein! Damit wäre auch die obige Vorgangsweise des Herr N.N. nimmer möglich!