Keine Heimopferrente für pfarrliche Missbrauchsopfer

Presseaussendung vom 7.4.2019 von Jakob Purkarthofer, www.betroffen.at

Verfassungsgerichtshof will erst gar nicht prüfen. Ungleichbehandlung gegenüber Heimopfern bleibt aufrecht. Jetzt soll EGMR entscheiden.

Es bleibt dabei: der VfGH will den Antrag auf Heimopferrente eines Opfers sexueller Gewalt in einer Pfarre nicht prüfen. Somit wird Markus (Name geändert) weiterhin alleine für sein schwieriges Leben aufkommen müssen. Er war 1980 während des Firmunterrichts von Pfarrer Johannes S. in einer kleinen oststeirischen Gemeinde sexuell missbraucht worden. Aufgrund der schweren Traumatisierung wurde Markus erwerbsunfähig und bezieht nun eine sehr niedrige Rente. Später forderte der heute 52 jährige Akademiker eine lebenslange Opferrente nach dem Heimopferrentengesetz (HOG). Bestätigt wurden seine Folgeschäden bereits von der Klasnic-Kommission, die ihm 2012 eine einmalige "Gestenzahlung" von 15.000 EUR zuerkannte. Trotzdem wurde sein Antrag bei Gericht mit Bescheid vom 18. Jänner 2018 abgewiesen mit der Begründung, dass Pfarrer Johannes S. das Opfer ja in einer Pfarre und nicht in einem kirchlichen Kinder- oder Jugendheim vergewaltigt habe.

Schiefe Optik
Nun hat auch der VfGH bekannt gegeben, dass er den Fall nicht prüfen will, wegen "geringer Erfolgsaussicht". Und folgt damit der Bundesregierung, die bereits 2018 keinen Anspruch gelten lassen wollte. Aber ist sexuelle Gewalt weniger traumatisierend, wenn sie in einer Pfarre ausgeübt wird, als wenn selbiges in einem kirchlichen Heim passiert? Wieso erhalten dann Opfer von Misshandlungen in kirchlichen Kinder- oder Jugendheimen eine Rente, aber solche von Pfarren nicht? Seltsam ist die Rolle der VfGH-Vorsitzenden Bierlein. Sie ist Mitglied der Klasnic Kommission. Diese hat bereits im Vorfeld einen Anspruch von Markus negativ (gegenüber der SVA) beschieden. Und unter den Mitgliedern des VfGH Senats befindet sich auch Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter, akkurat jener Minister, unter dessen Amtszeit das HOG beschlossen wurde. "Eine klare Unvereinbarkeit für mich", erklärt Markus.

Nun Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
Aufgeben will er trotzdem nicht, er plant - mit Unterstützung der Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt - den Gang zum europ. Gerichtshof für Menschenrechte. Ihm geht es nicht bloß um seinen Fall. "Mein Fall ist stellvertretend für die vielen tausenden Missbrauchsopfer, die vor dem österr. Gesetz keine Gerechtigkeit erfahren. Und es geht um das größte strukturelle Verbrechen der Nachkriegszeit, für das die "christliche" Volkspartei offensichtlich nur Ignoranz übrig hat", so Markus.

Die Vorgeschichte (Presseaussendung vom 27.9.2018)