RT zum Irankonflikt & zur ukrainischen BUK-Rakete

Ivan Rodionov am 21.6.2019 im RT-Newsletter:

Wenn die Berichte stimmen, dann sind wir gerade noch knapp am Ausbruch eines noch größeren Krieges im Nahen Osten, als die bereits wütenden, vorbeigeschlittert: US-Präsident Donald Trump hat laut der New York Times am Donnerstag den Befehl für Luftschläge gegen den Iran erteilt, jedoch in letzter Sekunde einen Rückzieher gemacht. Der Oman soll Teheran über den im letzten Augenblick abgeblasenen US-Angriff vorab informiert haben. Anlass war der Abschuss einer US-Drohne durch die iranische Luftabwehr. Laut Teheran war das unbemannte Fluggerät in den iranischen Luftraum eingedrungen, was Washington bestreitet.

So wichtig die Frage nach dem "wo" hinsichtlich der völkerrechtlichen Bewertung des Vorfalls auch sein mag, so erscheint sie in der aufgehitzten Stimmung nur ein unbedeutendes Randdetail. Spätestens wenn die Bomben auf den Iran fallen – worauf die Falken innerhalb der US-Regierung drängen –, wird diese Frage keine Rolle mehr spielen.

Ebenso wie die Frage, wer für den Angriff auf die beiden Öltanker im Golf von Oman vergangene Woche verantwortlich ist. Mit fragwürdigen "Beweisen" versucht Washington, die Weltöffentlichkeit von der Schuld Teherans zu überzeugen. Doch die EU will sich der Schuldzuweisung nicht anschließen, auch Japan als direkt betroffene Nation bleibt skeptisch und verlangt von Washington Beweise mit mehr Substanz als bisher. Ungeachtet dessen setzen die USA ihren militärischen Aufmarsch in der Region fort und planen weiter "taktische Angriffe" auf iranische Nuklearanlagen.

Am Mittwoch präsentierte das von den Niederlanden geführte internationale Joint Investigation Team (JIT) vier Tatverdächtige im Fall MH17. Es sollen Kommandeure der ostukrainischen Volksmilizen gewesen sein, die eine BUK-Selbstfahrlafette aus Russland in die Ostukraine transportierten und mit einer Luftabwehrrakete die malaysische Passagiermaschine im Juli 2014 abschossen.

Zur Erinnerung der letzte Ermittlungsstand: Im Mai 2018 veröffentlichte das JIT bis dato unbekannte Bilder von Überresten einer BUK-Rakete, einschließlich der dort angebrachten Seriennummern – begleitet von dem Aufruf, dem JIT Hinweise zu dem System mitzuteilen. Dem kam Russland im September nach und präsentierte Aktenmaterial, laut dem die identifizierte BUK-Rakete gleich nach der Fertigung im Jahr 1986 aus der Fabrik bei Moskau in die Westukraine verlegt wurde und sich seitdem im Arsenal der ukrainischen Flugabwehrtruppe befand. Das JIT wollte damals das von Moskau präsentierte Material "gründlich prüfen".

Die Frage, wer zuletzt im Besitz der Tatwaffe war, ist von entscheidender Bedeutung. Oder auch nicht: Das JIT hat bei seiner Pressekonferenz am Mittwoch darüber kaum ein Wort verloren und ließ die Frage einer russischen Journalistin dazu im Wesentlichen unbeantwortet. Während Moskau weiter auf die Beantwortung offener Fragen drängt, spricht Malaysias Premierminister Mahathir Mohamad von einer "politisch motivierten" Untersuchung – die übrigens im Wesentlichen auf den Recherchen der Bellingcat-Hobbyermittler beruht. Diese werden wiederum vom Atlantic Council mitfinanziert. Kein Wunder, dass Russland "schon dafür verantwortlich gemacht" worden sei, "noch bevor der Fall untersucht wurde", wie der Premierminister die Lage beschreibt.

Es lohnt sich also, in Fällen wie MH17 genau und kritisch auf die Argumente beider Seiten hinzuschauen. Denn bunte Animationen und angebliche Chat-Abschriften aus sozialen Medien allein, welche, grafisch schön präpariert, den JIT-Bericht füllen, lassen viele Fragen offen. Erst recht verlangt es nach einer kritischen Nachfrage, da Kriegsgründe in der jüngeren Geschichte häufig inszeniert wurden. In diesem Sinne behalten Sie einen klaren Blick auf das Weltgeschehen! Ich hoffe, unser Newsletter kann Ihnen dabei behilflich sein.

Ihr Ivan Rodionov, RT-Deutsch-Chefredakteur