So steht Merkel zum christlichen Glauben

Das war der Titel eines Artikels vom 17.7.2019 dem 65. Geburtstag der deutschen Kanzler Angelika Merkel auf der Homepage von PRO, dem christlichen Medienmagazin, es heißt dort einleitend:

"Bundeskanzlerin Angela Merkel ist Pfarrerstochter. Daraus, dass ihr der christliche Glaube wichtig ist, hat sie in den vergangenen Jahren kein Geheimnis gemacht. Anlässlich ihres 65. Geburtstags hat PRO einige prägnante Aussagen von ihr zum Thema zusammengestellt."

Das ist wieder eine Gelegenheit, atheistische Kommentare zu christlichen Sagern zu verfassen:

Merkel auf der Wertekonferenz der CDU im Jahr 2006: "Der Maßstab der CDU ist und bleibt das christliche Menschenbild. Das ist auch Absage an jedwede Ideologie."
Atheistische Anmerkung: Aha, das Christentum ist also keine Ideologie, weil laut Fremdwörterbuch ist "Ideologie" die Bezeichnung für politische Weltanschauungen. Da wird's aber schwierig! Ist die CDU dann eine Religionsgemeinschaft und keine politische Partei?

Merkel in einer Rede auf dem 20. Bundesparteitag der CDU im Jahr 2006: "Es ist wahr: Europa ist kein Christenklub. Aber wahr ist auch: Europa ist ein Grundwerteklub. Hier bei uns gelten Menschen- und Bürgerrechte. Diese Menschen- und Bürgerrechte beruhen bei uns ganz wesentlich auf dem Menschenbild des Christentums."
Atheistische Anmerkung: Die Menschen- und Bürgerrechte mussten gegen die Religionen durchgesetzt werden, das fing mit der französischen Revolution an und ging bis zum Recht auf Religionsfreiheit, das als selbstverständliches Menschenrecht auch in Europa erst in den letzten Jahrzehnten zur lebbaren Tatsache wurde...

Merkel im Oktober 2010 auf dem Deutschland-Tag der Jungen Union: "Lasst uns doch mal über das Christentum wieder reden. Lasst uns das doch mal mit fröhlichem Herzen verkünden. Wie oft machen wir denn das?"
Atheistische Anmerkung: Ja, wie oft hat die Frau Merkel das Christentum verkündet? Die praktische Arbeit der Christenparteien beruht auf der Bibel, aber schwergewichtlich vor allem auf der Aussage in Mt 25, 29: "Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden." Das verkündet man natürlich nicht, man handelt bloß in diese Richtung.

In einer Telefonkonferenz mit CDU-Mitgliedern rief Angela Merkel 2012 für Toleranz gegenüber dem Islam auf:
"Vielleicht sollten wir als Christen uns auch wieder mehr Gedanken über unsere Religion machen und mehr über das Christentum sprechen, als Angst zu haben vor dem Islam."
Atheistische Anmerkung: Das hat 2009 der Strache mit seiner FPÖ gemacht, er verkündete als Gegenpol zum Islam ein "Abendland in Christenhand", die Folge war, dass die FPÖ unter Strache das einzige Mal eine Wahl verlor, den Islam mögen die FPÖ-Wähler und der Großteil aller Österreicher zwar nicht, aber unter die Herrschaft der Christenhand will man sicherlich auch nicht zurückfallen.

Merkel im Jahr 2012 in ihrem wöchentlichen Podcast: "Ich bin Mitglied der evangelischen Kirche, ich glaube an Gott, und die Religion ist mein ständiger Begleiter in meinem Leben gewesen."
Atheistische Anmerkung: Sowas ist heute schon recht selten geworden, speziell unter den Protestanten, dort gehen am Sonntag nur noch gut drei Prozent in die Kirche. Ob die Merkel da auch fallweise dabei ist, war nicht zu ergoogeln...

Auf dem CDU-Parteitag im Dezember 2012 sagte Merkel zu den Turbulenzen in der Koalition: "Auch mir hat eine Satiresendung schon einmal richtig aus der Seele gesprochen, als es dort hieß: Gott hat die FDP vielleicht nur erschaffen, um uns zu prüfen."
Atheistische Anmerkung: Ein Plus für die Merkel! Sie hat einen Sinn für Humor!

Merkel in einem FAZ-Interview im Januar 2015: "Mit fortschreitender Säkularisierung lassen die Kenntnisse über das Christentum immer mehr zu wünschen übrig. Jeder sollte sich selbst fragen, was er zur Stärkung der eigenen Identität, zu der bei der Mehrheit immer auch noch die christliche Religion gehört, tun kann."
Atheistische Anmerkung: Das übliche Problem bei den Politikern, sie verwechseln die noch bestehenden Mitgliedschaften in Kirchen mit gelebter Religiosität! Längst nicht alle, denen die Religion bedeutungslos geworden ist, treten aus der Kirche aus, in die sie als Baby hineingetauft wurden. Man nimmt z.B. auch Rücksicht auf die Oma oder die Erbtante, man hat im Hinterkopf vielleicht noch Reste von Gottesfurcht und hält sich an die Pascalsche Wette, man bleibt aus beruflichen Gründen vorsichtshalber in der Kirche, man meint, Kinder von konfessionslosen Eltern hätten in der Schule Nachteile, man weiß nicht, dass es längst auch säkulare Begräbnisse gibt und man nicht wegen der eigenen Bestattung das ganze Leben in der Kirche bleiben muss usw. Zur Stärkung der eigenen Identität brauchen heute wohl nur kleine Randgruppen eine Religion. Die Säkularität schreitet fort, die kann auch die CDU nimmer bremsen...

Die Frau Merkel steht jedenfalls noch auf christlichem Fuß, als eine protestantische Pfarrerstochter hat sie wohl in ihrem Haupte keine kritischen und selbstkritischen Gedanken dazu entwickelt, der ihr in früher Kindheit ins Hirn gewaschene Protestantengott klebt dort immer noch fest...