Bischöfliche Austrittsschmerzen

Kathpress am 4.1.2020: Innsbruck. Jeder Kirchenaustritt "tut mir leid und schmerzt". Das hat der Innsbrucker Diözesanbischof Hermann Glettler in der Tageszeitung "Krone" am Samstag festgestellt. Als Grund für die geringer werdende Zahl an Katholiken in Österreich nannte Gletter u.a. die Schwierigkeiten von Menschen, sich an eine Gemeinschaft zu binden: "Für die Kirche ist das schmerzlich, sie braucht eine Gemeinschaft der Gläubigen."

Schauen wir uns dazu Zahlen aus der Innsbrucker Diözese an: von 2003 bis 2017 (neuere Zahlen liegen noch nicht vor) ist die Mitgliederzahl um 6,6 % gesunken, die Zahl der kirchlich gezählten sonntäglichen Messbesucher jedoch um 53 %! Im gesamten Österreich waren diese Zahlen 11 % und 36 %. Die Kirchgänger sind also in Tirol deutlich stärker gesunken, in Österreich waren es 2003 noch 15 % der Katholiken, die sonntags in die Messe gingen, in Tirol fast 22 %, 2017 waren es knapp 11 % und 12 %, die Tiroler hatten also einen größeren Aufholbedarf in Richtung Säkularismus!

Eine "Gemeinschaft der Gläubigen", die aus überzeugten, bekennenden und aktiven Katholiken bestand, war nie sehr groß gewesen, denn der Katholizismus war viel zu lange Pflicht gewesen, es gab also Unterworfene statt Gläubige. Als meinereiner vor gut 50 Jahren aus der katholischen Kirche austrat, in die mich meine ungläubigen Eltern aufgrund des damals in der Gesellschaft noch herrschenden katholischen Druckes hineintaufen hatten lassen, begegnete mir kurz danach der nachmalige ÖVP-Politiker und spätere Landeshauptmann Josef Pühringer, wir kannten uns zufällig seit der Kindheit, der mir den Kirchenaustritt vorhielt, von dem er wohl bei der Sonntagsmesse gehört hatte, weil die Austreter dort öffentlich bekanntgegeben wurden.

Solche Zeiten sind heute vorbei, der Artikel 14 des Staatsgrundgesetzes hat zunehmend reale Bedeutung im realen Leben: "Die volle Glaubens- und Gewissensfreiheit ist Jedermann gewährleistet. Der Genuss der bürgerlichen und politischen Rechte ist von dem Religionsbekenntnisse unabhängig; doch darf den staatsbürgerlichen Pflichten durch das Religionsbekenntnis kein Abbruch geschehen. Niemand kann zu einer kirchlichen Handlung oder zur Teilnahme an einer kirchlichen Feierlichkeit gezwungen werden, insofern er nicht der nach dem Gesetze hiezu berechtigten Gewalt eines Anderen untersteht." Also ein Kind kann von den Eltern noch zu religiösen Handlungen oder zur Teilnahme an Sonntagsmessen gezwungen werden, unsereiner nimmer!

Das schmerzt die Kirche, aber das ist unumkehrbar, die Glaubensgemeinschaft ist nur moralische Pflicht für Glaubenswillige, der Kirchenaustritt wird von Jahr zu Jahr mehr zur Pflicht nicht nur für aktive Ungläubige, sondern vor allem für religiös Desinteressierte, die inzwischen der neue Standard der Konfessionslosen sind. Es ist ähnlich wie bei den Nichtrauchern, viele sind Nichtraucher geworden, weil das Rauchen der Gesundheit schadet, viele werden nimmer Raucher, weil es ihnen nicht schmeckt oder sie nicht einmal interessiert...