Verschwörungsglauben zum Ukraine-Krieg

Wenn Putin gegen die globalen Eliten kämpft

Oranus Mahmoodi am 10. 5. 2022 auf https://hpd.de/


z-symbol_plakat.jpg Das "Z" symbolisiert Unterstützung für den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine (Bild aus Rjasan/Russland) Foto: Alexander Davronov via Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0) Das russische Z-Symbol auf einem Plakat an einer Hauswand

Zur angeblichen Islamisierung des Abendlandes, der "Klima-Lüge" oder dem nie eingeführten Impfzwang gesellen sich Verschwörungsmärchen über den Krieg in der Ukraine. Das Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS) hat zu den "Verschwörungserzählungen über den Angriffskrieg gegen die Ukraine in der Gesellschaft" vergangene Woche ein Research Paper veröffentlicht.

Eines der zentralen Ergebnisse des CeMAS-Papers lautet: Impfstatus und Verschwörungsglauben haben einen Zusammenhang. Ungeimpfte sind zu rund 56 Prozent auch den Verschwörungserzählungen im Zusammenhang mit Russland und der Ukraine zugetan. Bei den Geimpften sind es nur 14,5 Prozent, die den Phantasiegeschichten zum Ukraine-Krieg nicht abgeneigt sind. Die Forscher befragten in einer repräsentativen Stichprobe der deutschen Bevölkerung 2.031 volljährige Personen.
Der Aussage "Putin geht gegen eine globale Elite vor, die im Hintergrund die Fäden zieht" stimmen immerhin gut zwölf Prozent voll und fast 20 Prozent der Befragten teilweise zu. "Der Krieg in der Ukraine dient nur der Ablenkung von der Corona-Pandemie" - davon sind knapp vier Prozent der Deutschen vollkommen überzeugt, über acht Prozent glauben, dass diese Aussage teilweise zutreffen könnte. "Die westliche Welt hat sich gegen Russland und Putin verschworen, um die eigene Macht auszubauen" - etwa ein Viertel der Deutschen meint, diese Aussage treffe ganz oder teilweise zu.
Telegram als Informationsquelle
Zwar sei das Gesamtergebnis erfreulich, schreiben die Autor*innen, aber fast jede siebte Person glaubt, dass man westlichen Medien nicht mehr trauen könne, wenn sie über den Krieg in der Ukraine berichteten (13,7 Prozent). In Bezug auf das Geschlecht habe es keine signifikanten Unterschiede gegeben, wohl aber in Bezug auf das Alter: Am häufigsten ist Verschwörungsglaube mit 24,3 Prozent bei den 40 bis 49-Jährigen zu finden. Die über 60-Jährigen glauben nur zu 13,1 Prozent an Schwurbelgeschichten.
Verschwörungsanhänger*innen informieren sich überwiegend über Social Media-Kanäle, heißt es in dem Paper. Der Messenging-Dienst Telegram hat für sie einen hohen Stellenwert: Etwa 27 Prozent der Befragten mit einem besonders hohen Verschwörungsglauben (z.B. "Der Krieg ist nur eine Ablenkung von der Corona-Pandemie") nutzen Telegram täglich oder mehrfach die Woche. Im Vergleich dazu: Menschen, die nicht an Verschwörungserzählungen glauben, nutzen lediglich zu 6,3 Prozent Telegram als Informationsquelle.
AfD-Wähler*innen glauben gerne an Verschwörungen
Eine signifikante Korrelation fanden die Forscher*innen nicht nur bei der Impfbereitschaft und dem Glauben an Verschwörungen, die Parteipräferenz steht ebenfalls in Beziehung zu der Offenheit gegenüber Verschwörungserzählungen: Über ein Drittel der AfD-Wähler*innen sehen etwa die Schuld am Krieg bei der Ukraine, über 40 Prozent machen die NATO für den Ausbruch des Krieges verantwortlich. Überhaupt ist jede zweite Person, die bei der nächsten Wahl AfD wählen möchte, Verschwörungserzählungen zum Krieg nicht abgeneigt (58,4 Prozent). Die geringste Zustimmung findet sich bei den Wähler*innen der Grünen (3,8 Prozent).

In Kriegszeiten sehnten sich viele Menschen nach Entlastung durch eine klare Einordnung der Welt, schreiben die Psychologin und Geschäftsführerin der CeMAS, Pia Lamberty, und ihre Co-Autor*innen. "Doch auch wenn dieser Krieg irgendwann vorbei sein wird, ist die Gefahr nicht gebannt", heißt es dort. Denn die Folgen des Krieges seien jetzt schon spürbar, die sozialen Konsequenzen könnten noch lange spürbar sein. Die Autor*innen warnen: Verschwörungsideolog*innen und Rechtsextreme könnten die Situation für weitere Hetze und Radikalisierung nutzen.