Katholischer Weltjugendtag in Lissabon

Eine kritische Bilanz

Hella Camargo am 9. AUG 2023 auf https://hpd.de/

Vom 1. bis 6. August wurde der wegen der Corona-Pandemie verschobene Weltjugendtag in Lissabon nachgeholt. Nach ersten Angaben sollen tatsächlich knapp 1,5 Millionen Menschen teilgenommen haben. Auch sollen die Budgets des 160 Millionen Euro-Events nicht gesprengt worden sein. Die Beiträge des Papstes, der zur Furchtlosigkeit und Verbreitung von Freude aufrief, enttäuschten diejenigen, die auf offene Worte zu Missständen und deren Behebung gehofft hatten. Aus Deutschland waren weniger Menschen als zu vergangenen Weltjugendtagen angereist.

Bereits vor dem Weltjugendtag in Lissabon hatte es nicht nur Jubel aus den Reihen der Gläubigen und Hoffnungen auf hohe Auslastung bei Hotels und Gastronomie gegeben. Kritik gab es an den erwarteten Kosten von 160 Millionen Euro für das bombastische Event, aber auch wegen des noch lange nicht aufgearbeiteten Missbrauchsskandals. Allein in Portugal wurden die Aussagen von mehr als 500 Betroffenen in einem Untersuchungsbericht einer unabhängigen Kommission im April 2023 veröffentlicht.

Inklusive Ehrenamtlicher sollen nach Angaben der katholischen Kirche und lokaler Behörden zwischen 1,2 und 1,5 Millionen Menschen an den Veranstaltungen des Weltjugendtages teilgenommen haben. Diese umfassten auch Reden und Gebete von und mit Papst Franziskus. Während die einen begeistert sind, weil der Papst frei sprach, die jungen Menschen aufrief keine Furcht zu zeigen und "Wurzeln der Freude" zu sein sowie einen Stadtteil Lissabons mit Menschen aus sechzig unterschiedlichen Ländern als Beispiel für gutes Zusammenleben lobte, fragen sich die anderen, warum aktuelle Probleme nicht angesprochen wurden. Die Rolle von Frauen, kirchliches Arbeitsrecht und Positionen zu Sexualität, Familienplanung oder auch die Sterbehilfe wären einige wichtige Themen gewesen. Der Papst traf sich allein mit Missbrauchsbetroffenen in der Botschaft des Vatikan. Konkrete Ergebnisse aus dem Treffen sind nicht bekannt.

Am Ende des Weltjugendtages kündigte der Papst schließlich an, dass der nächste Weltjugendtag 2027 in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul stattfinden werde. Freude verbreitete er damit bei den südkoreanischen Gläubigen, die bei 38 Grad und teilweise nur von stinkenden Mülltonnen und provisorischen Zelten geschützt den Papst erwarteten, und seinem Erzbischof Chung zu Hause in Korea, der sich davon mehr Schwung für seine Jugendarbeit erhofft. Nachdem nur etwas über 11 Prozent der Menschen in Südkorea katholisch sind und konservativ-christliche Gruppen erst im Juli gegen gleiche Rechte für LGBTQIA+ demonstriert hatten, dürfte der Beifall im Land aber generell verhaltener ausfallen.

Ob die Hotels und Gastronomie in Lissabon und Umgebung Grund zu Jubel und Beifall haben, muss sich noch zeigen. Erwartet wurde in den Hotels eine Auslastung von über 89 Prozent bei einem kräftig angehobenen Durchschnittspreis von 219 Euro pro Zimmer und Nacht. Oftmals bleiben bei kirchlichen Großveranstaltungen die Besuchs- und Einnahmezahlen hinter den Erwartungen zurück.

Zumindest jedoch haben die Behörden bekannt gegeben, mit ihren Ausgaben für die Veranstaltung innerhalb der Budgets geblieben zu sein. Von den 160 Millionen Gesamtbudget stammten 75 Millionen Euro nicht aus Kirchenkassen: 30 Millionen hatte der Staat, 35 Millionen die Stadt Lissabon und zehn Millionen die an Lissabon angrenzende Stadt Loures übernommen.

Summen, die bereits im Vorfeld für Kritik und auch Unmut bei Portugiesinnen und Portugiesen gesorgt hatten. Immerhin hätte das Geld anderweitig gut Verwendung finden können. Zumal auch diese Ausgaben nicht von den Anmeldekosten für den Weltjugendtag befreiten. Diese lagen zwischen 95 und 235 Euro. Zwar enthielten sie ein "Pilgerkit" mit Transport und Versicherung und die teureren gar die Übernachtung, jedoch dürfte das wenig Trost für die Steuerzahler*innen gewesen sein. Einige Einrichtungen, wie zum Beispiel Parks oder öffentliche Schwimmbäder gewährten unter 35-Jährigen zum katholischen Weltjugendtag freien Eintritt. Zahlen dazu sind noch nicht bekannt.

Bekannt sind jedoch die Gründe, warum im Vergleich zu anderen Weltjugendtagen, zum Beispiel in Polen, weniger Pilgernde aus Deutschland kamen: Da wären unter anderem die hohen Kosten für Anreise und Unterbringung. Preise von etwa 1.000 Euro sind für viele junge Menschen nicht zu stemmen. Hinzu kam die Dauer – Aufenthalt plus An- sowie Abreise hätten zu viele Urlaubstage verschlungen oder mit Prüfungsterminen kollidiert. Als weitere Gründe nannte die katholische Presse auch die Corona-Pandemie, die für ein Wegbrechen von Strukturen wie Jugendgruppen gesorgt habe. Aber auch der Vertrauensverlust in die katholische Kirche und die hohen Austrittszahlen wurden als Gründe genannt.

Nach Lissabon dürfte der Blick in Sachen katholische Kirche auf die Weltsynode in Rom im Oktober fallen, bei der dieses mal mehr Frauen und Laien teilnehmen und teilweise gar Stimmrecht haben sollen. Festgelegt werden soll dabei das zukünftige Miteinander. Eine synodale Kirche soll demnach in Zukunft eine Kirche der Begegnung und des Dialogs sein, keine Angst vor Vielfalt haben und unter anderem die Frage klären, wie Männer und Frauen bei der Ausübung des pastoralen Amtes und der damit verbundenen Verantwortung besser zusammenarbeiten können.