Die Secular Coalition for America hat einen Offenen Brief an Donald Trump
geschickt. Darin weist sie eine Aussage des Ex-US-Präsidenten zurück, die
er bei einer christlich-konservativen Vereinigung von sich gegeben hatte. Evangelikale
in den USA radikalisieren sich derweil so, dass sie selbst Jesus zu links finden.
"Gemeinsam führen wir einen gerechten Kreuzzug, um die Brandstifter, Atheisten,
Globalisten und Marxisten aufzuhalten", sagte Donald Trump auf der Politischen
Konferenz "Weg zur Mehrheit" der Faith and Freedom Coalition, einer
politischen Interessensvertretung, die laut Wikipedia als "eine Brücke
zwischen der Tea-Party-Bewegung und evangelikalen Wählern" geschaffen
wurde.
Laut ihrer Website will die Koalition Einfluss auf die öffentliche Politik
nehmen und "Gesetze erlassen, die Familien stärken, altehrwürdige Werte
fördern, die Würde des Lebens und der Ehe schützen, die Steuerlast für kleine
Unternehmen und Familien senken und von der Regierung verlangen, den Gürtel
enger zu schnallen und mit ihren Mitteln auszukommen". Eines der Ziele
ihrer Mission ist der Protest "gegen Bigotterie und Diskriminierung von
gläubigen Menschen".
Die Diskriminierung von nicht-gläubigen Menschen scheint für den prominenten
Gastredner derweil kein Problem darzustellen. Dies will die Secular Coalition
for America so nicht stehen lassen. Bei ihr handelt es sich – vergleichbar
mit dem deutschen Zentralrat der Konfessionsfreien – um einen Zusammenschluss
verschiedener Organisationen, die Atheisten, Agnostiker, Humanisten und andere
nicht-religiöse US-Amerikaner:innen repräsentieren und der sich als Lobbyorganisation
versteht, die für gleiche Rechte für Nicht-Gläubige eintritt und die Trennung
von Regierung und Religion verteidigt.
"Als Organisationen, die säkulare Amerikaner vertreten, sind wir besorgt
über Ihre Aussage", schrieb der Verband in einem Offenen Brief Ende Juni
an den ehemaligen Präsidenten der USA. "Die Secular Coalition for America
hat zusammengenommen über 100.000 Mitglieder, von denen die meisten Atheisten
sind, und wir haben Probleme mit der Gesellschaft, in die Sie uns stecken."
Atheisten seien nicht der Feind des Volkes, sie seien ein bedeutender Teil
des Volkes. In Reaktion auf die Auswahl an anderen "-isten", die
Trump aufzählte, schreibt der säkulare Zusammenschluss weiter: "Wir haben
zwar keine Position zum Globalismus an sich, aber wir sind definitiv gegen die
Unterdrückung von religiösen Minderheiten und Atheisten auf der ganzen Welt."
Zur Verbindung mit dem Marximus heißt es, Karl Marx sei Atheist gewesen, das
hieße aber nicht, dass Atheisten Marxisten seien. "Die Gleichsetzung von
Atheismus und Marxismus/Kommunismus im letzten Jahrhundert war unzutreffend,
unfair und unserer Meinung nach politisch motiviert. In einem kürzlich vorgenommenen
Vergleich mit Evangelikalen zeigten Atheisten und Agnostiker mehr Unterstützung
für Demokratie und Bürgerbeteiligung." Am deutlichsten wird die Secular
Coalition im letzten Punkt des Offenen Briefes an den früheren US-Präsidenten:
"Wir sind entschieden gegen Brandstiftung und verurteilen jeden Akt der
Brandstiftung in diesem Land. Bitte lassen Sie uns aus jeder weiteren Diskussion
über 'die Brandstifter' heraus."
Doch nicht nur Säkulare und Atheisten fühlen sich von Trump vor den Kopf
gestoßen. In einem Interview mit der Medienplattform npr spricht Russell Moore,
ehemals Teil der Führungsriege der Southern Baptist Convention, der größten
evangelikalen Gemeinschaft der USA, von einer Krise des Christentums in den
Vereinigten Staaten. Man ächtete ihn, weil er den ehemaligen US-Präsidenten
kritisierte. Doch damit nicht genug: Von vielen verschiedenen Pastoren habe
er gehört, dass wenn sie die Bergpredigt zitierten, danach Gottesdienstbesucher
gefragt hätten, woher denn diese liberalen Argumente kämen, etwa beim bekannten
"die andere Wange hinhalten". Wenn der Prediger sich dann auf
Jesus berief, sei die Antwort in den meisten Fällen gewesen: "Ja, aber
das funktioniert nicht mehr. Das ist schwach." Das beunruhige Moore. "Und
wenn wir an den Punkt kommen, an dem die Lehren von Jesus selbst als subversiv
für uns angesehen werden, dann befinden wir uns in einer Krise." Die führt
der geschasste Kirchenmann auch auf Donald Trump zurück, der die Kirchenkultur
verändert habe.
Gegenüber der Nachrichtenplattform Semafor erklärte er laut Frankfurter Rundschau,
der erneut für die Republikaner kandidierende Trump stelle "eine einzigartige
Bedrohung sowohl für die amerikanischen Institutionen als auch für das Zeugnis
der Kirche" dar.