Am 21.5.2012 gab es im Morgenjournal auf Oe1 eine kurze Berichterstattung zum Thema Dalai Lama
und der zugehörigen "buddhistischen" Spielart.
Da ich zudem letzten Freitag
an der Universität Wien den Vortrag "Hinter dem Lächeln desDalai Lama" besucht
habe, möchte ich auf einige eklatante Unwahrheiten
hinweisen.
Einerseits wurden die Aussagen des Dalai Lama unreflektiert wiedergegeben und
spiegeln mangelnde journalistische Sorgfalt, da es leicht durchschaubare, also
offensichtliche Lügen sind. Zum anderen wurden einfach falsche Tatsachen zur
Religionsform des Lamaismus behauptet.
Der Dalai Lama wurde aus Tibet
nicht vertrieben. Vielmehr hat der Dalai Lama das Land freiwillig verlassen.
Chinas Militär ist 1950 einmarschiert, der Dalai Lama verließ 1959 Tibet. Seine
Flucht und die Mitnahme eines Goldschatzes im damaligen Wert von U$ 55 Millionen
(auf ca. 800 Lasttieren) wurde gründlich vorbereitet und war vermutlich nicht
sehr unauffällig.
Die Zugehörigkeit Tibets zu China ist völkerrechtlich
vollkommen unstrittig, es gibt keinen (!) Staat, der gegen die chinesischen
Ansprüche Einspruch erhoben hat. Immerhin ist Tibet spätestens seit 1720 Teil
des Kaiserreich Chinas gewesen. 1912 gab es einen Wechsel der Regierungsform mit
darauf folgenden Bürgerkriegen und ähnlichen Zuständen. Von 1912 bis 1950 hatte
Tibet autonomen Status -den es übrigens heute noch immer genießt.
Die
Zustände vor 1950 unter der Herrschaft der Lamas spottet jeder
Beschreibung:
Leibeigenschaft und Sklaverei, religiöser Terror, die
Bestrafung kleinster Verstöße gegen die herrschende Oberschicht, bestehend aus
den wenigen verbliebenen Aristokraten und vor allem der Unmenge an Klöstern,
waren an der Tagesordnung; auspeitschen, Hände abhacken, Augen ausstechen oder
auch das Abziehen der Haut bei lebendigem Leib waren übliche Strafen. Daher
verfügte jedes Kloster zur Vollstreckung dieser Strafen auch über eine eigene
Folterkammer. Aus den Oberschenkelknochen der Folter- und Mordopfer wurden
oftmals kultische Hörner (Blasinstrumente) geschnitzt.
Unter den Lamas
gab es kein einziges Krankenhaus, keine einzige Schule (außerhalb der
klösterlichen Gemeinschaften), die den normalen Menschen zugänglich gewesen
wären. Die Sterblichkeit bei Kindern unter einem Jahr lag bei etwa 50%, die
mittlere Lebenserwartung für Erwachsene lag bei rund 35 Jahren.
Der Bau
von Krankenhäuser erfolgte erst nach dem Einmarsch der chinesischen
Streitkräfte, denen zehntausende Freiwellige in form befreiter Leibeigener
zuströmten, gegen den massiven Widerstand der Klöster der Lama. Der chinesischen
Armee wurde äußerste Zurückhaltung auferlegt, doch der Zorn der befreiten
ehemals grausamst Unterdrückten entlud sich in Gewalt und Zerstörung gegenüber
den ehemaligen Machthabern (und Sklaventreibern).
Somit möchte ich auf
eine Behauptung des Dalai Lamas im heutigen Morgenjournal eingehen, er liebe die
Demokratie und sei selbst so etwas wie ein Marxist:
Der Dalai Lama führt
den Titel eines Gottkaisers. Vor seiner Flucht herrschten die oben geschilderten
Zustände. Die beherrschende Schicht bestand aus rund 2 bis 3 % der
Bevölkerung, rund 90% der Menschen lebten in unsagbaren Umständen und waren
rechtlich zwischen Sklaven und Leibeigenen angesiedelt. Das System der
Theokratie, wie es der Lamaismus darstellt, ist ungemein demokratiefeindlich,
diese Aussagen kann man mit entsprechendem Hintergrundwissen nur als blanke
Lüge, als Propaganda betrachten.
Nicht umsonst scheinen Faschismus und
Lamaismus so wunderbar miteinander zu harmonieren.
Weiters ist die
Religionsform des "buddhistischen" Lamaismus keine ohne Götter, vielmehr hat
sich diese Form aus einem schamanistischem Glauben an Dämonen und Geistern
entwickelt. Der Buddhismus selbst leitet sich aus dem indischen Brahmanismus ab
-seine wesentlichste Errungenschaft ist die Abschaffung von Göttern und die
Möglichkeit, sich selbst aus dem leidvollen Kreislauf der Welt zu befreien und
im Nirvana aufzugehen. Priester werden dazu keinesfalls benötigt. Die Lamas
haben hier den bestehenden Glauben an Geister und Dämonen mit dem Gedanken der
Wiedergeburt verknüpft und ihn um die Bestrafungen in der Zwischenwelt
erweitert. Zudem wurden die Götter wieder eingeführt, nach Aussagen des Dalai
Lama gebe es ca. eine Million Götter -er selbst sei ja auch einer.
Die
angeblich 300 Millionen Buddhisten, ich habe diese Zahl nicht überprüft, haben
mit dem Lamaismus also nichts zu tun. Weltweit gibt es höchstens rund 6
Millionen autochthoner Tibeter, davon leben etwas mehr als 2 Millionen in
Tibet.
Tibetisch ist eine der fünf offiziellen Landessprachen Chinas. Tibet
genießt Autonomiestatus, Ortstafeln (ja!) und Straßenschilder sind zweisprachig,
also tibetische und chinesisch. Der Unterricht erfolgt in tibetischer Sprache,
ab der dritten Klasse zusätzlich in chinesischer.
Wir erinnern uns: es
gab zu Zeiten der Terrorherrschaft der Lamas keine (und zwar gar keine!)
öffentliche Bildung.
Sogar auf der nationalen Währung (Geldscheine!)
finden wir die tibetische Sprache. Tibeter genießen zudem für chinesische
Verhältnisse weitgehende Sonderrechte, etwa hinsichtlich der Einkindpolitik -
Tibeter dürfen je nach Region 2 oder sogar beliebig viele Kinder
haben.
Der Widerstand in Tibet wird seitens der ehemaligen Machthaber und
Großgrundbesitzer inszeniert -die einfache Bevölkerung ist offenbar zufrieden,
nun in menschenwürdigen Bedingungen zu leben, auch wenn politischen und
rechtlichen Zustände in Chinas ganz sicherlich keinen idealen Zustand
darstellen.
Ich würde mich freuen, wenn diese unseriöse journalistische
Arbeit ein Ende hätte, vor allem hinsichtlich des Senders Oe1, den ich
normalerweise aufgrund seiner guten Beiträge sehr schätze und dem ich es nicht
angehen lassen will, glatte Lügen und die Unwahrheit unkommentiert zu
berichten.