Papst Ratzinger müht sich ab, sein Erbe abgesichert zu hinterlassen.
Schließlich steht er ja - so wie er aussieht - mit einem Fuß schon ein bisschen
im Paradies, da heißt es hurtig sein und mit ähnlich gestrickten vormodernistischen
Funktionären die katholische Zukunft abzusichern. Ratzingers Hauptanliegen,
der Kampf gegen die "Diktatur des Relativismus", benötigt absolute
Träger der absoluten katholischen Wahrheit. Wozu hat schließlich der katholische
Gott die katholische Religion erfunden und in Rom sogar einen irdischen Vizegott
eingesetzt (einer der Titel des Papstes ist nämlich Vicarius Iesu Christi, Stellvertreter
Jesu Christi). Berufen tun sich die Päpste in ihrer Funktion darauf, Nachfolger
des Apostel Petrus zu sein und zu Petrus gibt's den angeblichen Jesusspruch
(Mt 16, 18-19) "Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche
bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde
dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das
wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird
auch im Himmel gelöst sein."
Ratzinger folgert offenbar daraus, dass die absolute katholisch-päpstliche
Monarchie der Fels der katholischen Kirche ist und dass jede Kritik daran als
Versuche der Unterwelt zu sehen sind, die felsige Kirche zu überwältigen. In
Zeiten wie diesen, wo zumindest in Europa der praktizierte Glaube immer mehr
schwindet, aber es innerhalb der Kirche versucht wird, eigene Meinungen zu entfalten,
beispielsweise in den USA Klosterschwestern für Frauenrechte in der Kirche eintreten
oder Pfarrerinitiativen päpstliche Vorschriften abändern wollen, da braucht
es einen schärfen Wächter der wahren Lehre. Bischof Gerhard Ludwig Müller aus
Regensburg scheint dem Ratzinger die ideale Person dafür zu sein.
Bischof Müller ist ein Fundi, er meint, "unsere Kultur ist aus der Liebe
gewachsen, die Jesus Christus gibt", wie lieb die katholische Liebe war,
als die Welt noch durchgehend katholisch sein musste, darüber hat er wohl noch
nie nachgedacht. Er glaubt daran, die katholische Kirche wäre eine segensreiche
Einrichtung, die unbezahlt Gutes für die Menschen tut, was zu einem lustigen
Artikel auf dieser Site geführt hat (siehe Info Nr. 333), 2011 wurde in einem
Gerichtsurteil festgehalten, dass auch Bischöfe bei der Wahrheit bleiben müssten,
siehe PDF mit Bericht
darüber, im Februar 2012 betätigte
er sich bereits inquisitorisch gegen die österreichische Pfarrerinitiative,
weil diese nämlich unchristlich sei (siehe Info Nr. 746) und außerdem seien
Reformgruppen in der katholischen Kirche parasitäre Existenzformen, die selbst
nichts zustande brächten, siehe TV-aktuell. Im Umgang mit den Missbrauchsfällen war Müller hilfreich, allerdings
hilfreich für die Täter, was sogar den dafür zuständigen Bischofkollegen Ackermann
aufbrachte.
Das Echo in den Medien zur Bestellung Gerhard Müllers zum obersten katholischen
Glaubenswächter war fast durchweg negativ, soweit nicht einfach bloß die katholische
Presseaussendung für Artikel verwendet wurde.
Siehe z.B.
OÖNachrichten
- News
- Standard
- Spiegel
- Blick
- Welt
So sieht die katholische Kirche die Bestellung, apa-OTS brachte die katholische
Flaschenpost eins zu eins. Eigene nichtkritische Meldungen sind solche wie in der Westfalenpost: "In
der katholisch-konservativen Haltung wie in der unbeirrbaren Persönlichkeit
konnte Benedikt keinen besseren, weil keinen treueren Sachwalter der eigenen
Position finden. Das Bild mag erlaubt sein: Inmitten der dramatischen Vatikan-Turbulenzen
werden Erzbischof Müller und Papst Benedikt unverbrüchlich Rücken an Rücken
für ihre Glaubensüberzeugungen kämpfen." Um das als Lob zu sehen, muss
man allerdings sehr katholisch sein.
Wie einer kathpress-Meldung zu entnehmen ist, freut sich hierzulande
Oberbischof Schönborn übern Müller: Dass der Papst "einen für seine Rechtgläubigkeit
bekannten Theologen für dieses Amt ernennt, sollte nicht verwundern". Für
Bischof Müller spreche vor allem sein "weites theologisches Spektrum",
er kenne Lateinamerika sehr gut und bringe eine große Vertrautheit der evangelischen
Theologie und mit der Ökumene mit. Schönborn kennt Müller seit vielen Jahren
aus der gemeinsamen Tätigkeit im Bereich der Glaubenskongregation. Er habe die
"maßvollen und vermittelnden Stellungnahmen von Bischof Müller schätzen
gelernt". Auch wenn "manches in der Leitungsweise" von Bischof
Müller in Regensburg "umstritten" gewesen sei, so sei dieser ein "ausgewiesener
Theologe" mit gutem Ruf. Schönborn hofft wahrscheinlich darauf, dass ihm
ein scharf beißender Glaubenszerberus in Sachen Pfarrerinitiative die Arbeit
abnimmt, weil selber müht er sich ja ständig ab, dem Dalai Lama nachzueifern,
also ein sanfter Lächler zu sein.
Die heftigste Kritik an Müller war auf kreuz.net zu finden, die dortigen
Extremisten und Gesinnungsfreunde der Piusbrüder beschimpfen ihn aufs Gröbste:
Der kirchliche Abschaum gratuliert dem Glaubensbock - Die Ernennung eines hartgesottenen
Häretikers zum Präfekten der Glaubenskongregation macht es offensichtlich: Anstelle
einer "Reform der Reform" beschert Benedikt XVI. der Kirche nur ein
weiteres Dekadenz-Pontifikat. Es werden dazu diverse lobend-katholische
Stellungnahmen zitiert und verteufelt, siehe kreuz.net.
Die Bestellung Müllers ist sicherlich ein Versuch, die Macht des Papstes
zu festigen und weitere Diskussionen um Reformwünsche rascher zu unterbinden.
Es würde nicht überraschen, wenn Helmut Schüller und seine ungehorsamen Pfarrer
bald eine der ersten Opfer des neuen Großinquisitors würden. Auf der Homepage
der
Pfarrerinitiative steht derweilen noch nichts (dort steht aber eh selten was).
Ergänzung:
"Wir sind Kirche" meint dazu u.a.: Die Ernennung des bisherigen Bischofs von Regensburg, Gerhard Ludwig Müller, zum
Chef der Glaubenskongregation in Rom lässt für die Zukunft eher eine verschärfte
Gangart als einen fundierten Dialog erwarten. Gerade angesichts auch gesellschaftlicher Spannungen ist die Kirche
aufgerufen vorzuzeigen, wie unterschiedliche Positionen miteinander in einen
fruchtbaren Dialog treten können der Lösungen produziert, die nicht trennen
sondern einen, nicht gegeneinander sondern miteinander einmütig gefunden werden.
Das hat Müller aber bisher nicht zuwege gebracht. (..)
Die Inthronisation dieses Hardliners, der Reformgruppen als
"parasitär" beschimpft hat, bedroht die Einheit und erhöht die Spannungen in der
Kirche. Mit dieser Ernennung zeigt Rom welchen Weg es 50 Jahre nach dem II.
Vatikanischen Konzil gehen will: hart und konsequent an Überholtem
festhalten.
"Wir sind Kirche" ist weltweit für Auseinandersetzungen
gerüstet. Warten wir ab, wie Müller sein Amt ausüben wird.