In Teheran gibt es einen neuen Trend: Frauen rasieren sich die Haare ab,
um sich nicht mehr verschleiern zu müssen. Oder sie gehen einfach ganz
"als Mann". Seit die Sanktionen aufgehoben wurden, jubeln viele über
die sogenannte "Öffnung" des Gottesstaates. Die gilt für
die Wirtschaft - und für die Frauen?
Schritt 1: Sie hat sich
die Haare abrasieren lassen und sie gespendet für krebskranke Kinder.
Schritt
2: Sie ist auf die Straße getreten mit kahlem Kopf - und ohne Kopftuch.
Schritt
3: Sie hat es via Facebook öffentlich gemacht. Sie ist Iranerin und das
Ganze spielt in Teheran. Sie schreibt: "Als ich auf die Straße getreten
bin, habe ich mir gesagt: ‚Keine Haare - keine Sittenpolizei‘. Diejenigen, die
mir immer befehlen, meine Haare zu bedecken, haben jetzt keinen Grund mehr,
mich wegen 'anti-islamischem' Benehmen zu verhaften."
Denn
der Iran, der sich gerade unter dem Jubel der internationalen Medien "öffnet",
öffnet sich zwar für die Wirtschaft, aber nicht für die Frauen.
Im Gegenteil. Gerade kündigte Teherans Polizeichef an, dass die uniformierten
Erschad-Patrouillen, die alle in ihren Augen "anti-islamisch" gekleideten
Frauen prompt verhaften, aufgestockt würden durch 7.000 Polizisten in Zivil.
Alle auf der Jagd nach Frauen.
Die iranische Jean Seberg hat ihr Foto
bei der Facebook-Gruppe "My Stealthy Freedom" (Meine heimliche Freiheit)
gepostet, deren Initiatorin Mashi Alinejad heute in New York lebt. My Stealthy
Freedom veröffentlicht seit Jahren Tausende von Fotos von todesmutigen
Iranerinnen, die sich aus Protest entschleiern - während hierzulande für
das "Recht auf das Kopftuch" gestritten wird.
So manche
Teheranerin hat sich nicht nur die Haare kurz geschnitten. So wie Narges,
eine 19-jährige Sportlerin aus Teheran. Sie geht seit einiger Zeit "als
Mann" in die Öffentlichkeit. "Ein neuer Trend unter Frauen in
Teheran", schreibt sie in einer E-Mail an EMMA. Auch davon gibt es Fotos
auf My Stealthy Freedom. "Männer genießen so viel mehr Freiheiten.
Vor allem, weil sie nicht dazu gezwungen werden, einen Schleier zu tragen",
sagt Narges. "Also habe ich Wege gefunden, alles Weibliche an meinem Körper
zu verstecken". Narges trägt weite Hosen und Hemden. Ihre Brüste
hat sie mit Bandagen fest an ihren Körper geschnürt. Solange, bis
sie "die Form verloren haben", erinnert sie sich - und die Bandagen
nicht mehr nötig waren. "Inzwischen ist es für mich fast schwieriger
geworden, mich wie ein Mädchen zu kleiden", sagt sie.
Anfangs
schien das sogar erleichternd. Als Junge fühlte sich Narges auf der Straße
sicher. Inzwischen aber bedauert die 19-Jährige diesen Zwang umso mehr.
"Ich möchte ja eigentlich ein Mädchen sein. Ich hatte nie vor,
meine Geschlechtsidentität vollständig umzuwandeln. Ich wurde dazu
gezwungen, mich von meiner Weiblichkeit zu verabschieden. Einfach nur, um frei
sein zu können."
Wie so viele Frauen in Iran hat Narges einen
Traum: "Ich möchte in einem Land leben, in dem ich es genießen
kann, eine Frau zu sein - und nicht so tun muss, als wäre ich jemand anderes."
Und
der Zentralmuselmann Mazyek erzählt so gerne davon, dass die muslimischen
Frauen sehr gerne und freiwillig das Kopftuch tragen.