Die katholische Kirche in Österreich, die jahrelang mit
Missbrauchsskandalen für Schlagzeilen sorgte, entdeckt Kinder als
angebliche Opfer der Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben.
"Familienbischof" Klaus Küng weiß, wo der Feind steht
- (Wikipediabild: Christian Jansky)
Der St. Pöltenener Diözesanbischof Klaus Küng, der in der
Bischofskonferenz für Familienfragen zuständig ist, hat die vom obersten
Gerichtshof Österreichs angeordnete staatliche Gleichstellung von Schwulen und Lesben scharf kritisiert. Nach Angaben der katholischen Nachrichtenagentur Kathpress
erklärte der 77-Jährige am Donnerstag: "Es schmerzt, dass sich die
Bedeutung der Ehe als Verbindung von Mann und Frau nun nicht mehr im
staatlichen Rechtsverständnis in ihrer Exklusivstellung als 'Keimzelle
der Gesellschaft' ausdrückt." Als Leidtragende des Urteils sehe er die
Kinder an, so Küng weiter.
Der katholische Würdenträger beklagte, dass das Rechtsinstitut der
staatlichen Ehe mit dem Urteil nun "fundamental anders" verstanden werde
als bisher. "Es geht dabei nicht darum, die individuelle
Lebensgestaltung der Menschen auf den Prüfstand zu stellen, es geht
nicht darum, darüber zu sprechen wer wen liebt, sondern einzig um den
Schutzcharakter, der der Verbindung von Mann und Frau zukommt",
behauptete Küng.
Küng: Kinder verdienen "besonderen Schutz"
Ihm gehe es dabei besonders um die Kinder, die aus jener Verbindung
entstehen könnten "und die besonderen Schutz vor Willkür und
Unsicherheit verdienen". Das Recht des Kindes auf Vater und Mutter sei
"maßgeblich für die Identität und Persönlichkeitsentwicklung notwendig";
mit dem Urteil würde dieses Recht "als nachrangig zu einem
Partikularinteresse gesehen." Küng ging nicht näher darauf ein, warum
Kinder entgegen wissenschaftlichen Studien vor homosexuellen Eltern
geschützt werden müssten, oder warum diesen weniger rechtlicher Schutz
gewährt werden sollte. Schwule und lesbische Paare können dabei bereits
seit 2015 in Österreich gemeinsam Kinder adoptieren (queer.de berichtete.
Die Entscheidung der Verfassungsrichter mache den Unterschied des
staatlichen und kirchlichen Eheverständnisses deutlich, so Küng weiter.
Für die Kirche bleibe die Ehe eine "Verbindung von Mann und Frau als
Abbild des Schöpfers, die die Sexualität nicht willkürlich von
Fortpflanzung trennt, sondern als Ganzes sieht".
Ex-Chef der österreichischen Bischofskonferenz war ein Kinderschänder
Die Sorge um die Kinder erscheint angesichts von Missbrauchsskandalen
innerhalb der katholischen Kirche als heuchlerisch: Immerhin musste
bereits 1995 Hans Hermann Groër, der damalige Chef der österreichischen
Bischofskonferenz und Wiener Erzbischof, von allen Kirchenämtern
zurücktreten, weil er jahrelang Schüler eines Knabenseminars sexuell
missbrauchte, ohne dass die Kirchenleitung eingeschritten wäre – erst
Recherchen des Nachrichtenmagazins "profil" stürzten Groër, der sich nie
strafrechtlich für seine Taten verantworten musste und 2003 starb. In
dem Folgejahren gab es unzählige Berichte über sexuelle Übergriffe durch
Priester auf Kinder – viele der Opfer gaben an, dass die Kirche bei der
Aufklärung der Fälle keine Hilfe war.
Küng hatte bereits im September anlässlich der Ehe-Öffnung in
Deutschland gegen die Gleichbehandlung Homosexueller polemisiert: Die
Ehe für alle bezeichnete der 77-Jährige als "Trend" – genauso wie
salafistische Vielweiberei (queer.de berichtete).
Bereits wenige Stunden nach Bekanntgabe des Urteils zur Ehe-Öffnung
hatte Kardinal Christoph Schönborn, der Chef der österreichischen
Bischofskonferenz, am Dienstag davor gewarnt, dass heiratende
Homosexuelle einen "Schaden" für die Menschheit verursachen würden (queer.de berichtete).
Auch die Chefin der Laienbewegung Katholische Aktion und der Präsident
des katholischen Familienverbandes verdammten die Ehe-Öffnung. Immerhin:
Der Chef von Caritas Österreich, der Priester Michael Landau, schlug
versöhnliche Töne an und empfahl, nach dem Urteil erst mal auf den
Verfassungsgerichtshof ein Bier zu trinken (queer.de berichtete).