Diskriminierende Äußerungen über Homosexuelle sind Schweizer Richtern
zufolge auch dann eine Straftat, wenn sie im Wortlaut einer angeblich "heiligen
Schrift" entsprechen. Dies hat nun das Züricher Bezirksgericht festgestellt
und einen schwulenfeindlichen Straßenprediger zu 15.200 Franken (etwa 15.600
Euro) Geldstrafe verurteilt. Zur Verteidigung hatte der Mann angegeben, dass
er nur aus der Bibel zitiert habe.
Es ist einer der ersten Fälle, bei denen ein neues, erweitertes Anti-Diskriminierungsgesetz
Anwendung gefunden hat. Das Urteil ist beispielhaft für den zeitgemäßen Umgang
eines modernen Staates mit religiösen Herrschaftsfantasien.
In Deutschland hatte vor kurzem ein ähnlich gelagerter Fall für Aufsehen
gesorgt, als im Frühjahr der evangelikale Prediger Olaf Latzel in zweiter Instanz
vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen wurde, nachdem ihn bereits ein
Gericht zur Geldstrafe von 8.100 Euro verurteilt hatte. Ein Gutachter attestierte
den homophoben Äußerungen Latzels eine biblische Grundlage, womit sie nach
Ansicht der Richter unter die Religionsfreiheit fielen und vor Strafverfolgung
geschützt seien. In einem damals auch als Youtube-Video verfügbaren Eheseminar
hatte Latzel unter anderem Homosexuelle und die Beteiligten am Christopher Street
Day als Verbrecher bezeichnet, zudem äußerte er sich diffamierend über gendersensible
Ansichten.
Im Vergleich zu diesen Ausfällen muten die Äußerungen im aktuellen Schweizer
Fall geradezu gemäßigt an. Der Fall ereignete sich im Juni 2021, laut einem
SRF-Bericht bezeichnete der 63-Jährige in einer Straßenpredigt in einer Züricher
Einkaufsstraße Homosexualität als Sünde, homosexuelle Liebe als "böse
Lust" und "schändliche Begierde". Beendet wurde der Auftritt
des selbsternannten "Bußpredigers", als zwei Passanten die Polizei
informierten. Der Prediger versuchte daraufhin, sich den Beamten durch Flucht
zu entziehen.
Wegen Diskriminierung und Aufruf zum Hass sowie Verhinderung einer Amtshandlung
verurteilte das Züricher Bezirksgericht den Mann Ende Juli zu einer Geldstrafe
von 95 Tagessätzen à 95 Franken, insgesamt 15.200 Franken (etwa 15.600
Euro). Die Strafe ist auf Bewährung ausgesetzt, die Staatsanwaltschaft hatte
acht Monate Haft ohne Bewährung gefordert. Einem Medienbericht zufolge erklärte
der Angeklagte gegenüber dem Gericht, dass er lediglich aus der Bibel zitiert
habe. Weiter berief er sich auf seinen angeblich "göttlichen Auftrag",
Homosexuelle zur Heterosexualität zu "bekehren".
Diese Einlassung ließ der Richter jedoch nicht gelten: "Gegen das Diskriminierungsverbot
verstoßen kann man auch, wenn man aus religiöser Überzeugung Aussagen macht.
Denn sie sind für Betroffene herabsetzend und diskriminierend."
Der Schweizer Fall ist einer der ersten, bei denen die ausgeweitete Rassismus-Strafnorm
angewandt wurde. Dieses Gesetz umfasst seit Februar 2020 auch das Verbot der
Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. Die Änderung erfolgte,
nachdem in einer Volksabstimmung über 63 Prozent der Teilnehmenden dafür gestimmt
hatten. Ein Ergebnis, das die zunehmende Sensibilität in der Bevölkerung für
die Schutzwürdigkeit sexueller Vielfalt widerspiegelt. Man mag aus säkularer
Sicht versucht sein, vor diese Hintergrund auch für Deutschland auf eine vergleichbare
Gesetzesinitiative zu drängen. Viel näher liegt die Forderung, die bestehenden
Gesetze so anzuwenden, dass jeglicher religiöse Hintergrund einer Tat nicht
mehr als strafmildernd gewertet wird.
PS: Meinereiner hat den diesbezüglichen Bibeltext bereits auf dieser Homepage verwendet, in Lev 18,22 steht das biblische Homoverbot, "Du darfst nicht mit einem Mann schlafen, wie man mit einer Frau schläft; das wäre ein Gräuel." Und wenn dann über "Gräuel" in Lev 18, 29-30 steht: "Alle nämlich, die irgendeine dieser Gräueltaten begehen, werden aus der Mitte ihres Volkes ausgemerzt. Achtet auf meine Anordnungen, befolgt keinen von den gräulichen Bräuchen, die man vor euch befolgt hat, und verunreinigt euch nicht durch sie. Ich bin der Herr, euer Gott."