...aber erst am 18.3.2023 entdeckt:
Das Jahr neigt sich dem Ende zu und noch immer sucht man vergeblich nach
den sensationellen Nachrichten, die von Hellsehern und Wahrsagern für 2022
vorhergesagt wurden. Das Ende der Rolling Stones, ein Feuer im Schloss Neuschwanstein
oder Riesenkaninchen, die eine Stadt angreifen: Nicht nur das kanadische Medium
Nikki Pezaro hatte sensationelle Fehlprognosen auf Lager, auch über ein Flugzeug,
das in drei Stunden von London nach Sydney fliegen kann (Judy Hevenly) oder
Polens Wunsch, aus der EU auszutreten (Nicolas Ajula) hat man im ablaufenden
Jahr nichts gelesen. Die alljährliche Auswertung esoterischer Zukunftsprognosen
durch die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften
(GWUP) lieferte auch für 2022 wenig Greifbares, manche Absurdität und, wie
üblich, keine wirklich überraschenden Treffer.
Der Tod der englischen Königin und damit verbundene "Veränderungen"
in der britischen Monarchie gehören seit vielen Jahren zu den Standardprognosen
verschiedener Hellseher und Wahrsager. Im abgelaufenen Jahr erfüllte sich diese
traurige Prognose; als überraschenden Treffer sieht das der Mainzer Mathematiker
Michael Kunkel, der seit über 20 Jahren solche Prognosen auswertet, aber nicht.
"Irgendwann muss sich eine solche Prognose ja leider erfüllen. Wer in
den letzten Jahren mit dieser Prognose daneben lag, sollte sich jetzt nicht
mit einem Treffer schmücken." Auch der von dem kanadischen Medium Nikki
Pezaro vorhergesagte Überfall Putins auf die Ukraine (und andere Länder) ist
für Kunkel kein spektakulärer Treffer. "Wer wirklich in die Zukunft blicken
könnte, hätte nicht auch noch einen Krieg zwischen Taiwan und China, Putins
Rückzug aus der Politik oder den Tod des nordkoreanischen Diktators Kim Jong-un
vorhergesagt."
So richtig katastrophal wurde es wie in jedem Jahr bei den Deutungen bereits
verstorbener vermeintlicher Hellseher. So soll man aus den Zeilen des Renaissance-Dichters
Nostradamus für 2022 eine Belagerung der französischen Hauptstadt, das Auseinanderbrechen
der EU und den Tod eines wichtigen Politikers (z.B. des amerikanischen Präsidenten)
herauslesen können, aus Zitaten der 1996 verstorbenen bulgarischen Seherin
Baba Vanga war es ein Massensterben in Indien. Auch aus fiktiven Geschichten
wie der Zeichentrick-Serie "Die Simpsons" wurden Prognosen für 2022
erstellt: "Die Machtübernahme von Robotern, ein Zombieüberfall oder gar
ein Asteroidenabsturz - diese Katastrophenprognosen dürfte nicht mal der Autor
dieser Pseudovorhersagen selbst ernst nehmen." Die vorausgesagten Weltuntergänge
fielen auch 2022 wie gewohnt aus, wobei die Untergangspropheten den Termin 24.
September sogar in einer Bundestagsrede des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz
gefunden haben wollten - und in einer anderen Simpsons-Folge. Bei Merz war es
ein Versprecher, er meinte den 24. Februar, das Datum des russischen Überfalls
auf die Ukraine, als er von einem einschneidenden Tag für die Welt sprach.
Der in den letzten Jahren zu beobachtende Astrologiehype setzte sich auch 2022
weiter fort. Auf Online-Lifestyle-Seiten gibt es fast täglich Aussagen über
die Vertreter einzelner Sternzeichen zu lesen, die sich allerdings häufig auch
widersprechen. "Wenn für ein Sternzeichen für die folgende Woche einmal
Glück und einmal Pech vorhergesagt wird, dann sind solche Zuschreibungen bestenfalls
für einen Smalltalk geeignet", urteilt Kunkel, der für 2022 aus solchen
Texten augenzwinkernd ein eigenes Jahreshoroskop zusammengestellt hatte. Wenn
es um die astrologische Prognose des Weltgeschehens geht, so ergeben die Vorhersagen
der Sterndeuterzunft ein diffuses Bild. Seit Jahren wird häufig recht vage
von in den nächsten Jahren bevorstehenden Änderungen und Umbrüchen in der Finanzwelt
sowie der Gesellschaft geschrieben, wirklich Konkretes lässt sich aber nur
selten finden. Der Astrologe Christoph Niederwieser warnte zum Beispiel richtigerweise
davor, dass sich aus den Corona-Protesten terroristische Gruppen bilden könnten
- aber ähnlich hatten sich vor ihm bereits viele politische Kommentatoren aufgrund
rationaler Überlegungen geäußert. Mit seiner Prognose eines schwachen US-Präsidenten,
dem auch Krankheit oder die Ablösung drohten, lag Niederwieser im Übrigen
daneben. Seine Kollegin Ute Flörchinger warnte vor Börsencrashs und herbstlichen
Naturkatastrophen, sah aber ansonsten ein eher entspanntes Jahr voraus. Der
Ukrainekrieg scheint hierzulande nicht in den Sternen gestanden zu haben - der
Astrologe Wulfing von Rohr hatte in seiner Jahresvorschau einen Krieg "mit
bzw. gegen Russland" definitiv ausgeschlossen.